Schon heute gibt es viele Pilotprojekte rund um die Erzeugung und Nutzung von Wasserstoff, und es kommen laufend neue hinzu. Ein wachsendes Interesse an Wasserstofftechnologien für den Klimaschutz und die Umgestaltung des Energiesystems ist ebenfalls erkennbar. In diesem Kontext wurde der Wasserstoffatlas im Juli 2022 von Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger als frei zugängliche Web-App vorgestellt.
Der Wasserstoffatlas (Bild 1) bietet Nutzern und Nutzerinnen einen Einblick in die lokale Wasserstoffwirtschaft, indem er aktuelle Projekte darstellt, Potentiale berechnet und vieles mehr. Die Ergebnisse sind bis auf Landkreisebene für ganz Deutschland verfügbar, was Vergleiche zwischen verschiedenen Regionen ermöglicht. Das Tool ist kostenlos nutzbar und wird kontinuierlich aktualisiert und erweitert.
Das Entwicklungsteam rund um Prof. Dr. Michael Sterner von der OTH Regensburg möchte Wasserstoff in Deutschland sichtbar machen. Dazu sprechen die Forschenden mit dem Wasserstoffatlas eine breite Zielgruppe an, vom Projektierer über die Kommunen bis hin zum interessierten Laien. Dabei bietet der Wasserstoffatlas einen Überblick über den aktuellen Stand der H2-Projekte, ihre regionalen Fortschritte sowie die Chancen und Potentiale von Wasserstoff in der Energiewende und dem Klimaschutz.
Ermittlung des idealen Standortes
Der Wasserstoffatlas richtet sich an Mitarbeitende von Stadtwerken oder kommunalen Behörden, die ihre Stadt oder ihren Landkreis mit Wasserstoff zukunftssicher machen wollen. Das Tool verschafft einen Überblick darüber, wie eine Region in Bezug auf Wasserstoff bereits aufgestellt ist und welche Potenziale sie darüber hinaus bietet. Über die Webseite www.wasserstoffatlas.de lässt sich jede Kommune Deutschlands dafür zunächst auf einer interaktiven Karte suchen und auswählen.
Der Wasserstoffatlas zeigt dann das Potential einer Region zur Wasserstoffproduktion auf, indem er Einblick in die Potentiale zur Erzeugung erneuerbarer Energien gewährt. Der Schlüssel zu einer ökonomisch sinnvollen Wasserstoffproduktion liegt im Ausbau erneuerbarer Energien, vor allem Windenergie und Photovoltaik. Auf der interaktiven Karte können Interessierte so den idealen Standort für ihre Wasserstoffanlage identifizieren.
Möglicherweise sind in der Nähe des so ermittelten Standortes bereits Projekte vorhanden. Diese Anlagen lassen sich finden, indem man bei den Symbolen Anlagen die blauen Punkte auswählt. Einige von ihnen können sogar besichtigt werden. Wie viele Anlagen in Deutschland bereits geplant sind, zeigt Bild 1. Anhand der Zahlen zur Marktentwicklung wird ersichtlich, dass der Hochlauf bereits begonnen hat und die geplanten 10 GW bis 2030 realistisch sind.
Vernetzung mit weiteren H2-Akteuren
Sollte eine Kommune wissenschaftliche oder technische Unterstützung bei Planung, Bau und Betrieb ihrer H2-Anlage benötigen, kann sie mithilfe des Tools nach Instituten mit entsprechendem Fachwissen sowie nach Herstellern von Elektrolyseuren, Verdichtern und anderen Anlagenteilen suchen. Das in die Software integrierte Herstellerverzeichnis wird vom Verband Deutscher Maschinen und Anlagenbauer (VDMA e. V.) bereitgestellt und kontinuierlich aktualisiert.
Darüber hinaus will das Entwicklerteam der OTH bald eine Funktion in das Tool integrieren, mit der sich die Kosten für ein Kilogramm Wasserstoff, Methan, Methanol, Ammoniak oder synthetische Kraftstoffe angeben lassen. Zudem soll der Wasserstoffatlas auch die personellen Ressourcen analysieren können, die auf dem Arbeitsmarkt einer Region vorhanden sind. Dazu nutzt die OTH ein Tool zur Analyse von Beschäftigungseffekten des Partners DIW Econ.
PtX-Graphik
Die Wasserstoffprozesse sind in der Abbildung „Wasserstoff – ein Schlüssel zur Energiewende“ dargestellt. Dabei steht die Elektrolyse als Bindeglied zwischen Stromsektor, dem Verkehr und der Industrie. Grün ist der Wasserstoff nur, wenn der Strom aus Erneuerbaren Energien kommt. Aus Wasserstoff können viele weitere wertvolle Produkte gewonnen werden, die derzeit schon benötigt werden oder zukünftig fossile Energieträger ersetzen sollen, von grünem Methan bis zu synthetischen Kraftstoffen aus der Fischer-Tropsch Synthese. Alle dargestellten Prozessschritte bildet der Wasserstoffatlas ab.
(Zuerst erschienen in: gwf Gas + Energie 5/2024)