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Reinigungstechnik für die H2-Wirtschaft: Neue Anforderungen – neue Lösungen

Der Wasserstoffhochlauf erreicht den Mittelstand: Alte Produkte fallen weg, dafür entstehen neue. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf Elektrolyseuren. Damit diese mit maximaler Effizienz Wasserstoff produzieren, müssen die Oberflächen ihrer Stacks blitzsauber sein. Hierfür gibt es inzwischen spezielle industrielle Reinigungsverfahren und -technologien, wie das Beispiel der Meisner Technik Müllenbach GmbH (MTM) aus dem bergischen Marienheide bei Köln zeigt. 

von | 19.12.24

Die Reinigung von Batteriewannen ist ein neues Aufgabenfeld für Anlagenhersteller
© Meißner Technik Müllenbach GmbH
Reinigungstechnik

Der Markt für Anlagen zur Reinigungstechnik ist vor allem im Automobilbereich ist in Bewegung geraten: Das klassische Geschäft rund um den Verbrennungsmotor ist rückläufig. Bisher wurden oft spanend bearbeitete Fahrzeugkomponenten wie Zylinderköpfe, Kurbelwellen, Kurbelgehäuse, Getriebe und Kupplungen von Bearbeitungsflüssigkeiten und Spänen befreit. Doch nun kämpfen Unternehmen, die sich auf die Herstellung dieser Fahrzeugkomponenten spezialisiert haben, um ihre Existenz. Es gibt Insolvenzen.

„Der Markt für Produktionsanlagen in diesem Bereich der spanenden Fertigung ist auf 15 bis 20 Prozent des ursprünglichen Volumens geschrumpft. Fast alles ist weg,“ erklärt Werner Meißner, Gründer der Meißner Technik Müllenbach GmbH (MTM) aus Marienheide. MTM ist ein mittelständisches Familienunternehmen aus dem Oberbergischen, das international aufgestellt ist und mit teils patentgeschützten Innovationen Teilereinigungstechnik produziert, unter anderem für die Automobilindustrie.

Vom Verbrenner zum E- und H₂-Motor

Trotz der trüben Marktlage blickt Meißner verhalten optimistisch in die Zukunft, denn das Geschäftsfeld hat sich verändert. Die Rolle des Verbrennungsmotors wird vom Elektroantrieb übernommen. Die Teile aus dem Verbrennungsbereich gibt es damit schlicht nicht mehr. Stattdessen ist derzeit die Batterietechnik im Kommen. Batterien haben viel Masse, deshalb ist Aluminium- statt Blech-basierter Leichtbau ein wichtiger Trend, um das Fahrzeuggewicht zu reduzieren. Aluminiumoberflächen überziehen sich aber schnell mit einer Aluminiumoxidschicht, die eine Verklebung der Teile beim Autobau verhindert. Abhilfe kann eine Titanbeschichtung schaffen, für die das Bauteil einen Tauchprozess in einer speziellen Elektrolytlösung durchlaufen muss. Die entsprechende Technologie gehört zum Lieferspektrum von MTM: Ein namhafter amerikanischer Hersteller von Elektroautos ist schon Kunde.

Zur Elektromobilität kommt neuerdings das Wasserstoff-Geschäft hinzu. Denn Geschäftsführer Golo Meißner, Sohn des MTM-Gründers, setzt mit einer neuen Anlagentechnik zur intensiven Reinigung von Elektrolyse-Stacks auf den Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft: „Der Green Deal kann nur gelingen, wenn Wasserstoff kostengünstig hergestellt wird. Unser neues, wasserbasiertes Verfahren nutzt überhitzten Wasserdampf, um die höchste Sauberkeit zu gewährleisten, ohne die empfindlichen Komponenten zu beschädigen,” so Golo Meißner.

Die von MTM entwickelte Anlage reinigt hauchdünne Metallfolien, wie sie massenhaft in Elektrolyseuren in Form von Stacks verbaut und gebraucht werden, ohne dass eine aufwändige Handhabung in Körben nötig ist. Dies reduziert das Risiko von Beschädigungen und ermöglicht, dass die Folien die Anlage trocken und sofort verpackungsbereit.

Reinigungstechnik

Ein Roboter übernimmt die zur Reinigung notwendigen Tauchbäder (© Meißner Technik Müllenbach GmbH)

Funktionsweise der Stack-Reinigungstechnik

Dazu führt die Anlage die dünnen Metallteile einzeln durch die Prozessschritte. In der ersten Station erfolgt zunächst eine klassische Spritzreinigung mit einem neutralen oder alkalischen Reiniger. Alkalische Reiniger verseifen störende Fette, sodass sie sich im Wasser lösen, während die hohe kinetische Energie des Strahls Schmutzpartikel entfernt. Nach dem Waschvorgang fließt die Reinigungsflüssigkeit in den darunter liegenden Vorratstank zurück.

Ein Teil davon wird über eine Pumpe der Destillation zugeführt, dem zentralen verfahrenstechnischen Element der Anlage. In der Destille entsteht unter Druck 120 bis 160 °C heißer Wasserdampf, der als Spülmedium für die zweite Verfahrensstufe dient. In diesem Schritt spült der reine Wasserdampf das Bauteil und gibt seine Wärmeenergie daran ab, was die Trocknung wesentlich erleichtert. Sie ist notwendig, da die Oberfläche der Teile viele Möglichkeiten für Kapillareffekte bietet, die einer schnellen Verdunstung entgegenwirken.

Der kondensierte Wasserdampf dient in einer zweiten Nutzung zur Regeneration des Reinigungsmediums. Zusätzlich wird der 120 bis 160 °C heiße Dampf in einen Dampferhitzer geleitet. Dieser erhitzt das gasförmige Medium auf 400 °C durch eine Vermischung mit 500 °C heißer Luft. Das Gasgemisch trocknet das Bauteil mit Hilfe von Venturidüsen. Durch einen Seitenkanalverdichter wird noch abgeblasen, danach kann verpackt werden.

Fazit

Wenn Deutschland seine Klimaziele einhalten will, muss es langfristig Alternativen zu fossilen Technologien finden. Das ist sicherlich ein schwieriger Prozess. Doch ein Umdenken schafft auch Chancen für neue Produkte, wie das Verfahren zur Elektrolyse-Stack-Reinigung des einstigen Verbrennungsmotor-Spezialisten zeigt. Hier sollte eine zukunftsfähige Industriepolitik ansetzen, denn die Potenziale sind in Europa und gerade auch in Deutschland reichlich vorhanden.

Autor: Dr. Thomas Isenburg, Wissenschaftsjournalist

 

Bildquelle, falls nicht im Bild oben angegeben:

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