Erst Methanol, dann Ammoniak, und jetzt Methylformiat? Die geringe volumetrische Dichte und hohe Flüchtigkeit von Wasserstoff erschweren Speicherung und Transport. Daher boomt die Forschung an sogenannten Wasserstoffträgern, in der Regel H2-Derivate wie Methanol oder Ammoniak. Eine weniger etablierte Alternative stellt die Ameisensäure dar. Ein Forschungsteam unter Leitung von Prof. Regina Palkovits will nun einen Schlüssel gefunden haben, um diesen Wasserstoffträger effizienter zu machen: Einen neuer Katalysator.
De Katalysator basiert auf einer Verbindung von Ruthenium und Phosphor. Im Labor habe er laut Meldung des FZ Jülich vom 25. November gezeigt, dass er Wasserstoff aus Ameisensäure freisetzen könne, ohne dabei im Testzeitraum an Wirksamkeit zu verlieren. Diese Eigenschaft will das Team im nächsten Schritt für Methylformiat nachweisen, das dem Ameisensäure-Molekül ähnelt und aus Methanol und Ameisensäure hergestellt wird. Damit lasse sich eine völlig neue Art der H2-Speicherung erschließen, denn Methylformiat setze den gespeicherten Wasserstoff schneller frei als andere Trägermoleküle wie z.B. Methanol.
H2-Träger Methylformiat
Dass Methylformiat ein lohnender Untersuchungsgegenstand sein kann, hatte im vergangenen Jahr ein Team des Leibniz-Instituts für Katalyse (LIKAT) in Rostock in einer Veröffentlichung beschrieben. Zu den Vorzügen zählten demnach:
- Die CO2-neutrale Produktion von Methylformiat.
- Dass es im Gegensatz zu Ammoniak und Methanol ungiftig ist.
- Dass es Wasserstoff mit dem richtigen Katalysator 20-mal schneller freisetze als Methanol.
Heterogene statt Homogene Katalyse
Die LIKAT-Forscher konnten bereits wichtige Erkenntnisse zur Wasserstofffreisetzung aus Methylformiat gewinnen. Bei ihrem “homogenen” Verfahren befanden sich sowohl der Ruthenium-Katalysator als auch das Methylformiat in flüssiger Phase. Dies erschwere laut dem FZ Jülich jedoch den industriellen Einsatz, da man die Katalysatormoleküle bei Aktivitätsverlust nur schwer aus der Flüssigkeit zurückgewinnen könne.
Hier setzt die neue Entwicklung des Teams um Prof. Palkovits an: Die Jülicher Wissenschaftler nutzen einen heterogenen Katalysator in fester Form, während die Ameisensäure flüssig bleibt. Diese Phasentrennung erleichtere die Rückgewinnung des Katalysators erheblich – ein entscheidender Vorteil für technische Anwendungen.
„Bei unserem Feststoffkatalysator besteht ein großes Potenzial, dass er während der Wasserstofffreisetzung aktiv bleibt, da er nicht in die Flüssigphase übergeht”, erläutert Prof. Palkovits, die als Direktorin am Institut für nachhaltige Wasserstoffwirtschaft in Jülich und als Lehrstuhlinhaberin für Heterogene Katalyse und Technische Chemie an der RWTH Aachen tätig ist.
Langzeitstabilität getestet
Um die Langzeitstabilität zu gewährleisten, hat das Team das Ruthenium im Katalysator mit Phosphor stabilisiert. Dias soll verhindern, dass sich die Ruthenium-Atome lösen oder verklumpen, wodurch sie ihre katalytisch aktive Oberfläche verlieren würden. Mit Erfolg: “Wir konnten über zweieinhalb Tage einen konstanten Wasserstoff-Gasstrom erzeugen”, berichtet der Chemiker Sebastian Seidel.
Die ersten erfolgreichen Tests führte das Team mit Ameisensäure durch, die als einfacheres Testmolekül diene. Mit vier statt zwei gebundenen Wasserstoffatomen biete das Methylformiat jedoch noch größeres Potenzial. “Die Ergebnisse legen nahe, dass unser Ruthenium-Phosphor-Katalysator auch für Methylformiat und weitere Wasserstoffträger angepasst werden kann”, so Seidel. Diese Flexibilität macht das neue Katalysatorsystem besonders interessant für künftige Anwendungen in der Wasserstoffwirtschaft.
Die englischsprachige Original-Studie haben die Wissenschaftler im Oktober 2024 im Journal of Catalysis publiziert.