Der neue Atlas des Fraunhofer ISE zeigt räumlich differenziert auf, wo der Einsatz von Wasserstoff-Technologien in Deutschland besonders sinnvoll ist. Die Standortbewertung berücksichtigt den Wasserstoffbedarf von Industrie und Verkehr. Besonders die Chemie- und Stahlindustrie sowie der öffentliche Nahverkehr mit Bussen und Zügen werden als potenzielle Abnehmer identifiziert.
Der Atlas betrachtet auch die Nutzung der Koppelprodukte Sauerstoff und Wärme. Prof. Heidrun Steinmetz von der RPTU Kaiserslautern erklärte: „Die Nutzung der Koppelprodukte Wärme und Sauerstoff in kommunalen Kläranlagen trägt zur Nachhaltigkeit des Gesamtsystems bei.” Kläranlagen können ihren Energieverbrauch durch den Einsatz von Elektrolysesauerstoff im Reinigungsprozess reduzieren.
Die Analyse umfasst zudem Transportkosten, notwendige Wasserstoffverdichtung und die künftige Entwicklung einer Pipeline-Infrastruktur. Auch netzdienliche Betriebsweisen der Elektrolyseure wurden in die Bewertung einbezogen.
Norden Deutschlands bietet optimale Bedingungen
Die Verfügbarkeit von erneuerbaren Energien erweist sich als entscheidender Kostenfaktor. „Im Stromnetz finden sich geeignete Standorte für größere Elektrolyseure vor allem im Norden und insbesondere in der Nähe von Offshore-Verknüpfungspunkten”, erläuterte Clara Büttner, Teilprojektleiterin an der Hochschule Flensburg. Mit norddeutschem Windstrom betriebene Anlagen profitieren von Kostenvorteilen.
Die Verwertung von Koppelprodukten wie Abwärme und Sauerstoff kann die Wasserstoffkosten senken, ist jedoch kein entscheidender Faktor bei der Standortwahl. Das zukünftige deutsche Wasserstoff-Kernnetz spielt hingegen eine zentrale Rolle.
Ideale Standorte auf Industriebrachen
„Ideal sind Elektrolysestandorte häufig auf Arealen ehemaliger fossiler Kraftwerke oder Industrieparks, die über eine gut ausgebaute Infrastruktur verfügen”, erklärt Jochen Behrens, Projektleiter am Fraunhofer ISE. Klaus Stolzenburg, Geschäftsführer des Ingenieurbüros PLANET, ergänzte: „Der Atlas zeigt, dass das Potenzial in der Fläche vor allem durch den Einsatz von Wasserstoff im öffentlichen Personennahverkehr entsteht.”
Der Atlas bietet Projektierern, Energieversorgern, Kommunen und Behörden entscheidungsrelevante Kennzahlen: Elektrolysekapazität, Wasserstoffgestehungs- und -bereitstellungskosten, Potenziale erneuerbarer Energien sowie den jährlichen Energiebedarf.
Kim Kanitz, Projektingenieurin bei Green Planet Energy, betont, dass der Atlas eine fundierte Grundlage für die ganzheitliche Projektplanung schaffe, indem er regionale erneuerbare Potenziale, Infrastruktur und Nutzungsmöglichkeiten verbindet.
Breite Expertise im Projektkonsortium
Das Projekt „PoWerD” soll eine Grundlage für den Wasserstoff-Hochlauf schaffen, indem der Atlas aufzeigt, wo der Einsatz der geplanten Elektrolyseleistung Sinn ergibt. Die EU-Wasserstoffstrategie strebt bis 2030 die Installation von Elektrolyseuren mit einer Leistung von mindestens 40 Gigawatt an. Nach der deutschen Wasserstoffstrategie sollen allein 10 GW hier im eigenen Land entstehen.
Das Projekt wurde vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz mit 2,5 Millionen Euro gefördert. Neben dem Fraunhofer ISE als Koordinator beteiligten sich die Hochschule Flensburg, die Rheinland-Pfälzische Technische Universität Kaiserslautern-Landau, der Deutsche Wasserstoff-Verband, der Energieversorger Green Planet Energy, das Ingenieurbüro PLANET sowie greenventory, ein Spin-Off des Fraunhofer ISE und des Karlsruher Instituts für Technologie.

Ausschnitt aus dem PowerD Atlas (© Fraunhofer ISE)