Forschende der Technischen Universität München (TUM) haben in einer am 2. Juni veröffentlichten Studie die Wirtschaftlichkeit von Wasserstoff-Importen aus Afrika neu bewertet. Das Ergebnis: Bisherige Kostenkalkulationen unterschätzen die Finanzierungsrisiken erheblich. Von über 10.000 analysierten Standorten in 31 afrikanischen Staaten könnten nur rund 200 bis 2030 wettbewerbsfähige Preise erzielen.
Die Untersuchung entstand in Kooperation mit der University of Oxford und der ETH Zürich. Sie basiert nach Angaben der Autoren auf einer neuen Berechnungsmethode. Diese soll erstmals länderspezifische Faktoren wie Rechtssicherheit, politische Stabilität sowie Transport- und Lagerungsinfrastruktur quantifizieren.
Das Modell geht von einer Inbetriebnahme der Anlagen im Jahr 2030 und einem Transport als Ammoniak nach Rotterdam aus. Die Studie erhielt Fördermittel vom britischen Programm Climate Compatible Growth (CCG), das UK Aid und die britische Regierung finanzieren.
TUM sieht Finanzierungskosten bis zu 27 Prozent
„Die gängigen Modelle für Grüner-Wasserstoff-Anlagen nutzen meist pauschale Finanzierungskosten. Die Bedingungen für Investitionen sind aber in jedem Land unterschiedlich und in vielen afrikanischen Ländern besonders risikoreich”, erläutert Florian Egli, Professor für Public Policy for the Green Transition an der TUM.
Während etablierte Modelle pauschal von vier bis acht Prozent Finanzierungskosten ausgehen, ermittelte das Forschungsteam realistische Zinssätze zwischen acht und 27 Prozent – abhängig von Zinsniveau und Risikoverteilung.
Die Kostenanalyse basiert auf vier Szenarien mit variierenden Zinsniveaus und Risikoallokationen. Bei vollständiger Risikoübernahme durch Projektentwickler ergeben sich Mindestpreise von knapp fünf Euro pro Kilogramm Wasserstoff frei Rotterdam. Selbst bei optimalen Rahmenbedingungen mit europäischen Preis- und Abnahmegarantien sowie niedrigem Zinsniveau lägen die Kosten bei gut drei Euro pro Kilogramm.
Konkurrenz zu europäischen Projekten
Zum Vergleich: Bei der ersten Auktion der Europäischen Wasserstoffbank, die im April 2024 Subventionen für Grüne-Wasserstoff-Projekte in Europa vergab, lag der niedrigste Preis eines erfolgreichen Gebots unter drei Euro pro Kilogramm.
„Grünen Wasserstoff in Afrika für den Export nach Europa zu produzieren, ist deutlich teurer als angenommen”, bilanziert Stephanie Hirmer, Professorin für Climate Compatible Growth an der University of Oxford. „Die sozio-politischen Risiken wurden bislang nicht ausreichend in die Kalkulationen einbezogen.”
Die wettbewerbsfähigen Standorte konzentrieren sich den Berechnungen zufolge auf Algerien, Kenia, Mauretanien, Marokko, Namibia und den Sudan. Da regionale Sicherheitsrisiken nur auf nationaler Ebene berücksichtigt werden konnten, könnte sich die Zahl der geeigneten Standorte laut den Autoren aber weiter reduzieren.
Staatliche Garantien als Voraussetzung
„Afrikanische Produktionsstandorte können für den Export nach Europa nur dann wettbewerbsfähig werden, wenn die europäischen Staaten garantieren, dass sie bestimmte Mengen Grünen Wasserstoffs zu festgelegten Preisen abnehmen”, so Egli.
Darüber hinaus würden Kreditausfallgarantien helfen, die beispielsweise die Weltbank gewähren könnte. Die vollständige Studie ist hier kostenfrei abrufbar.
(Quelle: Technische Universität München/2025)