Der European Hydrogen Backbone (EHB) ist eine Initiative europäischer Gasnetzbetreiber zum Aufbau eines europaweiten Wasserstoff-Transportnetzes. Das 2020 von 31 europäischen Gasnetzbetreibern gestartete Projekt zielt darauf ab, Industriecluster, Häfen und Wasserstofftäler zu einem integrierten Netzwerk zu verbinden. Durch die Verknüpfung von Produktionsstandorten und Verbrauchszentren mit unterirdischen Speicheranlagen soll der EHB die europäische Versorgungssicherheit mit grünem Wasserstoff gewährleisten.
Das geplante Netz soll zu etwa 70 Prozent aus umgerüsteten Erdgasleitungen und zu 30 Prozent aus neu errichteten Wasserstoffleitungen bestehen. Die Investitionskosten für Umrüstung und Neubau liegen je nach Schätzung zwischen 43 und 81 Milliarden Euro. Die Finanzierung soll sowohl durch öffentliche als auch private Mittel erfolgen.
Am EHB beteiligen sich heute 32 europäische Gasinfrastrukturunternehmen aus 25 EU-Mitgliedstaaten sowie Norwegen, das Vereinigte Königreich und die Schweiz. Planung und Koordination erfolgen länderübergreifend. Am 7. Juni 2022 fand der erste europäische Wasserstoff-Backbone-Tag statt. Die CEOs der beteiligten Unternehmen überreichten der EU-Kommission eine Zusage, bis 2030 Versorgungskorridore zur Schaffung eines europäischen Marktes einzurichten. Eine aktualisierte Roadmap legten sie im Dezember 2023 vor.
Europäische Wasserstoffstrategie
Die europäische Versorgung mit Wasserstoff läuft derzeit an. Sie stützt sich vor allem auf drei Säulen: Solarenergie aus südeuropäischen Regionen, Offshore-Wind aus der Nord- und Ostsee sowie Onshore-Wind aus Osteuropa und Wasserstoffimporte aus Ländern außerhalb der EU. Experten erwarten, dass Wasserstoffimporte aus Namibia, Chile, Australien und dem Nahen Osten die bestehenden Erdgasimporte ergänzen und einen erheblichen Anteil an den künftigen Wasserstoffmengen ausmachen werden.
Bis 2030 strebt die EU eine Eigenproduktion von mehr als 10 Millionen Tonnen grünem Wasserstoff und den Import von weiteren 10 Millionen Tonnen an. Allein für die europäische Produktion wären rund 120 GW an installierter Offshore-Windkapazität erforderlich. Bis zum Jahr 2050 soll sich die Nachfrage auf rund 1.700 TWh Wasserstoff pro Jahr in der EU steigern.
Der REPowerEU-Plan der Europäischen Kommission zielt darauf ab, bis 2030 bereits eine Gesamtmenge von 20,6 Millionen Tonnen Wasserstoff zu erreichen, um russisches Erdgas zu ersetzen. Dazu hat die EU fünf Pipeline-Korridore identifiziert, über die sie Wasserstoff nach Mitteleuropa importieren will, jeweils aus Regionen mit günstigen Produktionsbedingungen.
Die fünf Pipeline-Korridore
Korridor 1 – Südeuropa
In Südeuropa ist ein Wasserstoff-Korridor von Tunesien und Algerien über Italien nach Mitteleuropa geplant. Er könnte auf bestehende Erdgasleitungen in Italien, Österreich, der Slowakei und der Tschechischen Republik zurückgreifen.
Korridor 2 – Frankreich, Portugal, Spanien
Auf der Iberischen Halbinsel ist ein Korridor für den Export des dort produzierten grünen Wasserstoffs vorgesehen. Neue Verbindungen zwischen Portugal und Spanien sowie Frankreich könnten allen drei Ländern die Nutzung des grünen Wasserstoffs ermöglichen.
Dieser Korridor würde bis nach Deutschland reichen, und auch eine Verbindung nach Nordafrika ist möglich. So könnte der Wasserstoff auch kostengünstig in die Bedarfszentren in Deutschland geliefert werden.
Korridor 3 – Nordsee
Ein weiterer zusammenhängender Korridor soll in der Nordseeregion entstehen. Dieser soll auf Offshore-Windkraftanlagen, großen integrierten Wasserstoffprojekten und Schiffsimporten von Wasserstoffderivaten wie Ammoniak und Methanol aufbauen. Damit soll die Nachfrage in den Industrieclustern von Rotterdam, Zeebrügge, Antwerpen, Wilhelmshaven, Brunsbüttel und Le Havre gedeckt werden. In ganz Deutschland werden Wasserstoff-Cluster entstehen, die an die Wasserstoffnetze in anderen nordwesteuropäischen Ländern angeschlossen werden.
Korridor 4 – Ostsee
Ein spezieller Versorgungskorridor wird die Versorgung mit Wasserstoff in den nordischen und baltischen Ländern mit dem übrigen Europa verbinden und auf Industrieclustern in Schweden, den baltischen Staaten und Polen aufbauen. Dieser Korridor wird hauptsächlich aus neu gebauten Pipelines bestehen.
Korridor 5 – Ost- und Südosteuropa
In Ost- und Südosteuropa wird ein Korridor die Wasserstoffausgangsstationen in Mitteleuropa mit Ländern wie Rumänien, Griechenland und der Ukraine verbinden. Die dortigen großen Kapazitäten für Solar- und Windenergie und die Möglichkeit, große Transitgaspipelines umzunutzen, machen diese Region zu einem attraktiven Kandidaten für die Wasserstofferzeugung in großem Maßstab.
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