Eine Nationale Wasserstoffstrategie definiert den politischen Rahmen für den Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft in einem Land. Weltweit haben bereits über 40 Länder solche Strategien veröffentlicht. Die Strategien unterscheiden sich in ihren konkreten Zielsetzungen und Schwerpunkten, orientieren sich aber mehrheitlich am Pariser Klimaschutzabkommen.
Viele Strategien treffen Aussagen darüber, wie viel Wasserstoff zu einem gewissen Zeitpunkt in einem Land benötigt wird, woher dieser stammen soll und in welchen Sektoren er konkret zum Einsatz kommt. Neben klimapolitischen Zielen spielen dabei auch wirtschaftliche Aspekte eine wichtige Rolle – zahlreiche Länder sehen in Wasserstofftechnologien große Chancen für ihre industrielle Entwicklung.
Die Nationale Wasserstoffstrategie Deutschlands
Die deutsche Nationale Wasserstoffstrategie wurde am 10. Juni 2020 von der CDU-geführten Bundesregierung verabschiedet. Am 26. Juli 2023 beschloss die Ampel-Koalition unter dem Namen „NWS 2.0″ die Fortschreibung der ersten Wasserstoffstrategie. Sie bildet den Rahmen für die Erzeugung, den Transport und die Nutzung von Wasserstoff als Schlüsselelement der Energiewende in Deutschland. Zu den Kernelementen der Strategie gehört die Förderung von Wasserstoff aus erneuerbaren Energien. Sie sieht zudem den Ausbau der Wasserstoff-Infrastruktur vor und unterstützt Forschung und Innovation in diesem Bereich. Ein besonderer Fokus liegt auf der Stärkung der deutschen Technologieführerschaft im Wasserstoffsektor.
Ziele der Nationalen Wasserstoffstrategie
- Beschleunigter Markthochlauf: Der Markthochlauf von Wasserstoff, seinen Derivaten und Wasserstoffanwendungstechnologien soll beschleunigt werden.
- Sicherstellung ausreichender Verfügbarkeit: Das Ziel für heimische Elektrolysekapazität im Jahr 2030 liegt bei 10 GW. Den restlichen Bedarf (etwa 50 bis 70 Prozent) sollen Importe decken.
- Importstrategie: Für die dauerhafte Verfügbarkeit von Wasserstoff sind Importe aus Partnerländern nötig. Dafür hat das Bundeskabinett am 24. Juli 2024 die Importstrategie für Wasserstoff und Wasserstoffderivate beschlossen.
- Aufbau einer Wasserstoffinfrastruktur: Hierfür habe das Bundeskabinett Ende Mai mit der Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) den rechtlichen und regulatorischen Rahmen für das künftige Wasserstoff-Kernnetz als erste Ausbaustufe der Wasserstoffinfrastruktur beschlossen. Am 22. Juli 2024 haben die Fernleitungsnetzbetreiber den finalen Antrag für das Wasserstoff-Kernnetz bei der Bundesnetzagentur eingereicht. Mittels Erweiterung will man bis 2030 alle großen Erzeugungs-, Import- und Speicherzentren mit den relevanten Abnehmern verbinden.
- Etablierung von Wasserstoffanwendungen: Bis 2030 sollen Wasserstoff und seine Derivate insbesondere bei Anwendungen in der Industrie, bei schweren Nutzfahrzeugen sowie zunehmend im Luft- und Schiffsverkehr eingesetzt werden. Im Stromsektor soll Wasserstoff die Energieversorgungssicherheit erhöhen. Dazu dienen H₂-ready
Gaskraftwerke und Elektrolyseure als variable und systemdienliche Stabilisatoren bzw. flexible Lasten. Zur perspektivischen Nutzung von Wasserstoff bei der Wärmeversorgung werde die Regierung die Rahmenbedingungen im GEG, in der Wärmeplanung sowie im europäischen Gasmarktpaket weiterentwickeln. - Leitanbieter für Wasserstofftechnologien werden: Deutsche Anbieter sollen ihre Technologieführerschaft ausbauen. Deutschland soll die gesamte Wertschöpfungskette von Wasserstofftechnologien von der Produktion bis hin zu unterschiedlichen Anwendungen anbieten.
- Schaffung geeigneter Rahmenbedingungen: Die Regierung will sich für kohärente rechtliche Voraussetzungen auf nationaler, europäischer und möglichst auch internationaler Ebene einsetzen. Dies umfasse insbesondere effiziente Planungs- und Genehmigungsverfahren, einheitliche Standards und Zertifizierungssysteme sowie eine ausreichend ausgestattete und koordinierte Verwaltung.
Die Nationale Wasserstoffstrategie von 2020 Die Fortschreibung der Nationalen Wasserstoffstrategie von 2023
Wasserstoff-Strategien in anderen Ländern
Im internationalen Vergleich zeigt sich eine große Bandbreite an strategischen Ausrichtungen: Während europäische Länder wie Deutschland hauptsächlich auf grünen Wasserstoff setzen und signifikante Importbedarfe sehen, positionieren sich Länder wie Australien, Chile oder Marokko als potenzielle Exporteure aufgrund ihrer günstigen Bedingungen für erneuerbare Energien. Insgesamt haben 25 Länder die Ambition formuliert, Wasserstoff zu exportieren. Andere Länder wie die Niederlande oder Italien streben eine Rolle als Transitland an.
Weltweit summieren sich die Elektrolysekapazitäten, die verschiedene Länder bis 2030 aufbauen wollen, auf beeindruckende Zahlen: Allein in Europa planen 17 Länder zusammen etwa 52 GW. Auch bei den Anwendungsfeldern gibt es unterschiedliche Schwerpunkte – während einige Länder vor allem auf den Verkehrssektor setzen, sehen andere große Potenziale in der Industrie oder der Energieversorgung. Gemeinsam ist den meisten Strategien jedoch das Ziel, durch den Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft sowohl klimapolitische als auch wirtschaftliche Vorteile zu generieren.
Einen Vergleich verschiedener Wasserstoff-Strategien bietet der Wasserstoff-Kompass « zurück