Sauerstoff zählt zu den häufigsten chemischen Elementen der Erde und hat einen Anteil von 21 Prozent in der Erdatmosphäre. Das Gas mit dem Elementsymbol O tritt in der Natur meist als zweiatomiges Molekül (O₂) auf. Das farb- und geruchlose Gas zeichnet sich durch seine hohe Reaktionsfreudigkeit aus.
Bei der Elektrolyse wird Wasser (H₂O) in seine Bestandteile zerlegt. Dabei entstehen pro Kilogramm Wasserstoff etwa acht Kilogramm Sauerstoff. In Brennstoffzellen kehrt sich dieser Prozess um: Hier reagiert Wasserstoff mit Sauerstoff und erzeugt dabei elektrische Energie. Als einziges Abfallprodukt entsteht reines Wasser.
Industrielle Gewinnung
Der bei der Elektrolyse anfallende Sauerstoff entwickelt sich zunehmend vom Nebenprodukt zum wertvollen Rohstoff. Seine Vermarktung verbessert die Wirtschaftlichkeit von Elektrolyseanlagen erheblich: Nach Berechnungen des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme (ISE) können die Produktionskosten für grünen Wasserstoff um bis zu 45 Prozent sinken, wenn der Sauerstoff kommerziell genutzt wird. Der aktuelle Marktpreis für technischen Sauerstoff liegt bei 65 bis 120 Euro pro Tonne.
Die konventionelle Sauerstoffgewinnung erfolgt heute hauptsächlich durch die Zerlegung von Luft (Rektifikation). Die wichtigsten Verfahren sind das Linde- und das Claude-Verfahren. Dabei wird Luft zunächst verdichtet, gereinigt und stark abgekühlt, bis der Sauerstoff verflüssigt werden kann. Für kleinere Mengen kommt auch die Druckwechsel-Adsorption zum Einsatz, bei der Stickstoff an speziellen Molekularsieben gebunden wird.
Anwendungsgebiete
Die Industrie nutzt das Gas bereits seit Langem in verschiedenen Bereichen:
- Stahlproduktion: Optimierung von Verbrennungsprozessen im Hochofen
- Medizintechnik: Einsatz in Beatmungsgeräten und Sauerstofftherapien
- Chemische Industrie: Verwendung als Oxidationsmittel (Stoff, der chemische Oxidationsreaktionen ermöglicht)
- Abwasserbehandlung: Unterstützung der biologischen Reinigung in Klärwerken
- Fischhaltung: Anreicherung von Wasser in Aquakulturen
Handhabung und Sicherheit
Der Umgang mit Sauerstoff erfordert besondere Sicherheitsmaßnahmen. Für Transport und Lagerung gibt es, ähnlich wie beim Wasserstoff, zwei Hauptoptionen:
- Komprimierung in Gasflaschen oder Tanks (typisch 200-300 bar)
- Verflüssigung bei minus 183 °C
Viele Anwender setzen auf die Produktion vor Ort (On-site-Erzeugung), um Transportkosten zu sparen. Dabei müssen strenge Sicherheitsvorschriften eingehalten werden, da:
- das Gas Verbrennungsprozesse stark beschleunigt
- Bestimmte Materialien verspröden können
- Fette und Öle explosionsartig reagieren können
Medizinischer Sauerstoff unterliegt in Deutschland dem Arzneimittelgesetz und muss besondere Reinheitsanforderungen erfüllen.
Ausblick
Mit dem Ausbau der Wasserstoffwirtschaft wird die Bedeutung der Sauerstoff-Vermarktung weiter zunehmen. Großprojekte wie Wasserstoff-Hubs integrieren die Sauerstoff-Nutzung in ihre Planungen. Die Kombination aus H2- und O2-Produktion verbessert die Wirtschaftlichkeit der Elektrolyse erheblich und kann damit zur industriellen Dekarbonisierung beitragen.
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