H₂News: Herr Waters, Uniper ist Gründungsmitglied der Ende Januar ins Leben gerufenen Allianz europäischer Gasspeicherbetreiber „H2eart for Europe“, Sie waren persönlich bei der Auftaktveranstaltung in Brüssel. Was sind die Ziele des Bündnisses?
Waters: Unsere Kernbotschaft lautet: Infrastruktur ist eine langfristige Angelegenheit, und Politik ist es manchmal nicht. Wir brauchen klare Richtlinien und Strategien, um Infrastrukturinvestitionen zu tätigen. Vor allem für die Umwandlung von Erdgasspeichern in Wasserstoffspeicher müssen wir wissen, wie hoch der Bedarf an diesen Gasen in den nächsten 10 bis 20 Jahren sein wird. Nur so können wir einen geordneten Übergang vorbereiten. Versorgungssicherheit, Dekarbonisierung und bezahlbare Energiekosten – woran letztlich alle interessiert sind – lassen sich nur mit einem geordneten Übergang realisieren. Das ist es, was wir mit einer langfristigen Strategie anstreben sollten. Diese Strategie fordern wir mit „H2eart“ und sind bereit, sie gemeinsam mit den politischen Entscheidungsträgern zu erarbeiten.
H₂News: Wie lange dauert die Umrüstung eines Kavernenspeichers ungefähr?
Waters: Die Umrüstung einer bestehenden Anlage dauert im Schnitt fünf Jahre. Sowohl die Obertage- als auch Untertageanlage muss wasserstofftauglich sein, und der Austausch einzelner Komponenten ist fast so aufwendig, als würde man eine neue Anlage bauen. Der Neubau eines Speichers kann bis zu zehn Jahre in Anspruch nehmen. Zunächst gilt es, die geologische Vorarbeit zu leisten. Dann sind alle erforderlichen Genehmigungen einzuholen und geeignete Standorte für die Obertageanlage zu finden.
H₂News: Den Neubau eines solchen Wasserstoff-Salzkavernenspeichers testen Sie derzeit im ostfriesischen Krummhörn.
Waters: Genau. Krummhörn liegt ideal, in der Nähe von Wilhelmshaven, wo Elektrolyseprojekte entstehen und perspektivisch große Mengen Ammoniak anlanden könnten. Ein weiterer Vorteil ist, dass die vorhandenen Erdgaskavernen und der Speicherstandort nicht in Betrieb sind und daher keine Beeinträchtigung eines bestehenden Erdgasspeicherbetriebs stattfindet. Für unser Projekt nutzen wir eine bereits bestehende Bohrung, um unsere Pilotkaverne zu entwickeln. Zunächst ist die Anlage noch recht klein dimensioniert, weil wir zeigen wollen, wie schnell wir sie in den Betrieb überführen können – das interessiert die ersten Wasserstoffkunden am meisten. Seit Mitte Januar sind unsere Ingenieure mit dem Solprozess – der Schaffung des Kavernenhohlraums – beschäftigt, der in diesem Sommer abgeschlossen sein soll. Ich denke, im August können wir den Speicher eröffnen und im Rahmen eines realitätsnahen Probebetriebes praktische Erfahrungen im Wasserstoffbetrieb sammeln. Anschließend soll der Standort Krummhörn kommerziell weiterentwickelt werden, um dem Markt in einem ersten Schritt eine Speicherkapazität von 250 GWh zur Verfügung zu stellen.
H₂News: Daneben betreiben Sie mit „HyStorage“ ein weiteres Projekt zur unterirdischen Wasserstoffspeicherung im bayerischen Bierwang. Was hat es damit auf sich?
Waters: Bei HyStorage untersuchen wir die Einlagerung von Wasserstoff in Porenspeicher. Die Einspeisung von Wasserstoff in poröse Gesteinsformationen ist etwas anspruchsvoller als in eine Salzkaverne, aber wir glauben, dass es grundsätzlich machbar ist. Wasserstoff ist sehr reaktionsfreudig gegenüber organischem Material und einigen Mineralien, sodass er sich während der Speicherung verändern kann. Der größte Unterschied zwischen Kavernen- und Porenspeicherung ist: Bei einer künstlich angelegten Salzkaverne kann man sicher sein, dass der Wasserstoff, der hineingeht, auch wieder herauskommt. Bei Porenspeichern kann der ausgelagerte Wasserstoff jedoch teilweise zu anderen Stoffen reagieren. In Bierwang haben wir nun in einer ersten Phase eine geringe Menge Wasserstoff in einem Erdgas-/Wasserstoff-Gasgemisch über eine bestehende Bohrung injiziert und ihn in den letzten Wochen wieder ausgefördert. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Speicherung funktioniert. Generell bedürfen Porenspeicher aber aufgrund ihrer unterschiedlichen Charakteristika einer jeweils individuellen Betrachtung.
H₂News: Einige Speicherverbände wie die INES beklagen, dass Gasspeicher trotz ihrer hohen Relevanz für die Versorgungssicherheit in den aktuellen Planungen zum Wasserstoff-Kernnetz nicht ausreichend berücksichtigt würden. Wie sehen Sie das?
Waters: Das mag sein, aber wir haben den Fernleitungsnetzbetreibern (FNB) alle Pläne vorgelegt, die wir haben. Das Kernnetz ist wirklich ambitioniert. Eine wichtige Frage ist: Wo soll es beginnen? Ich denke, dass der stark industrialisierte Nordwesten den Anfang machen könnte. Aber es gibt auch andere Vorschläge, das wird also eine schwierige Frage sein. Die gute Nachricht ist: Deutschland hat ein gut ausgebautes Netz von Erdgaspipelines, das mit dem bestehenden Speichernetz verbunden ist. Wir sind schon heute einer der wichtigsten Anbieter für Gasspeicher in Europa, manche Nachbarländer speichern hier signifikante Mengen ihres Erdgases. Ob und wie die Speicherprojekte entlang des Wasserstoffkernnetzes umgesetzt werden können, hängt aber auch maßgeblich von den regulatorischen Rahmenbedingungen ab. Dazu haben wir konkrete Vorschläge, die einerseits ein ausgewogenes Verhältnis zwischen der notwendigen Absicherung von Investitionsrisiken und einem wettbewerblich ausgerichteten Marktmodell gewährleisten und andererseits die Versorgungsicherheit durch Erdgasspeicher sicherstellen. Die Grundsätze der „Contracts for Difference“ sollten angewandt werden, um die Ziele auf kosteneffiziente und effektive Weise zu erreichen.
H₂News: Einige Speicherverbände wie die INES beklagen, dass Gasspeicher trotz ihrer hohen Relevanz für die Versorgungssicherheit in den aktuellen Planungen zum Wasserstoff-Kernnetz nicht ausreichend berücksichtigt würden. Wie sehen Sie das?
Waters: Das mag sein, aber wir haben den Fernleitungsnetzbetreibern (FNB) alle Pläne vorgelegt, die wir haben. Das Kernnetz ist wirklich ambitioniert. Eine wichtige Frage ist: Wo soll es beginnen? Ich denke, dass der stark industrialisierte Nordwesten den Anfang machen könnte. Aber es gibt auch andere Vorschläge, das wird also eine schwierige Frage sein. Die gute Nachricht ist: Deutschland hat ein gut ausgebautes Netz von Erdgaspipelines, das mit dem bestehenden Speichernetz verbunden ist. Wir sind schon heute einer der wichtigsten Anbieter für Gasspeicher in Europa, manche Nachbarländer speichern hier signifikante Mengen ihres Erdgases. Ob und wie die Speicherprojekte entlang des Wasserstoffkernnetzes umgesetzt werden können, hängt aber auch maßgeblich von den regulatorischen Rahmenbedingungen ab. Dazu haben wir konkrete Vorschläge, die einerseits ein ausgewogenes Verhältnis zwischen der notwendigen Absicherung von Investitionsrisiken und einem wettbewerblich ausgerichteten Marktmodell gewährleisten und andererseits die Versorgungsicherheit durch Erdgasspeicher sicherstellen. Die Grundsätze der „Contracts for Difference“ sollten angewandt werden, um die Ziele auf kosteneffiziente und effektive Weise zu erreichen.
H₂News: Das Uniper-Projekt Falkenhagen tritt nach gut zehn Jahren in eine dritte Phase ein, allerdings in Spanien. Wie kam es zu dem Umzug?
Waters: Falkenhagen hat technisch einwandfrei funktioniert, doch gab es auf der ökonomischen Seite ein Hindernis: Der erneuerbare Strom war nicht wirtschaftlich verfügbar. An dem neuen Standort gibt es dieses Hindernis nicht. Die iberische Halbinsel produziert ihren Strom schon heute weitestgehend erneuerbar. Es gibt dort einfach so gut wie immer Sonne oder Wind. Die Anlagen erzeugen sogar Überschüsse an grünem Strom, der sich aufgrund von Netzbeschränkungen allerdings nicht ohne Weiteres in den Norden Europas transportieren lässt. Daher wird er oft abgeregelt – man kann ihn jedoch sinnvoller und lukrativer für die Produktion von grünem Wasserstoff oder synthetischem Methan nutzen. Hier kommt auch die Innovation von TURN2X zum Tragen, dass die Anlage besonders lastflexibel gefahren werden kann. Das Projekt funktioniert in Spanien daher auch auf einer kommerziellen Ebene, während es dafür in Deutschland aktuell noch nicht genug günstigen grünen Strom gibt.
H₂News: Was bedeutet das für Unternehmen in Deutschland, die ähnliche Projekte planen?
Waters: Für deutsche Unternehmen liegt darin eine Chance. Es ist so: Europa muss als Europa denken. Im Süden gibt es viele erneuerbare Energiequellen, während es im Norden viele Industriebetriebe gibt. Wir müssen über ein integriertes EU-Wasserstoff-Ökosystem nachdenken, dessen Elemente als ein kombiniertes Stromsystem funktionieren. Strom und Wasserstoff sind ein und dasselbe, wenn man Wasserstoff zur Herstellung von Elektrizität verwendet. Man kann Elektrizität nicht über lange Zeit in Batterien speichern, in Form von Wasserstoff ist das hingegen möglich – vor allem, wenn man große, unterirdische Speicher nutzt. Und die gibt es in Deutschland.
H₂News: Sie würden Europa also als ein großes, integriertes Energienetz sehen, in dem jedes Land seine perfekte Rolle finden muss?
Waters: Es ist nicht so, dass sich jedes Land auf eine einzelne Rolle festlegen muss, aber es stimmt, dass jedes aus energiewirtschaftlicher Sicht gewisse Stärken besitzt. Wie wird der Wasserstoffhochlauf aussehen? Die ersten Anwender von Wasserstoff werden ihn als Rohstoff nutzen, um ihre Prozesse zu dekarbonisieren. Diese Nutzer – Unternehmen aus der Chemieindustrie, der Stahlindustrie oder der Zementindustrie – benötigen Wasserstoff über Jahre hinweg in einer konstanten Grundlast, da sie durchgehend produzieren. Wind- und Sonnenenergie unterliegen aber Schwankungen, was sich auch im Strompreis widerspiegelt. Was diese ersten Anwender von Wasserstoff also brauchen, ist eine sehr schnelle und flexible Art der Wasserstoffspeicherung. Hierfür sind Salzkavernen, wie es sie in Norddeutschland gibt, hervorragend geeignet. In puncto Speicherung ist Deutschland also in einer wirklich guten Position.
H₂News: Deutschland könnte demnach der „Wasserstoffspeicher Europas“ werden?
Waters: Zumindest eines der Länder, die dafür in Frage kommen. Deutschland hat zwar nicht genügend Sonne und Wind, um derzeit große Mengen erneuerbarer Energie kostengünstig zu produzieren, aber dafür viel Salz und günstige geologische Bindungen, um sie in Form von Wasserstoff zu speichern. Auch potenzielle Anwender gibt es in Deutschland zur Genüge; denken Sie an die zahlreichen Industrieunternehmen, die erneuerbare Elektronen und Moleküle brauchen, wenn die Abgaben auf CO2-Emissionen steigen. Deutschland ist also eher ein integrierter Teil des Ganzen als ein isoliertes Land. Heute sind die Salzkavernenspeicher in Norddeutschland wichtig, und später, wenn mehr Sektoren elektrifiziert sind, kommen die Porenspeicher in Süddeutschland ins Spiel. Sie können riesige Gasmengen speichern, sind aber langsamer, was die Ein- und Auslagerung von Gas angeht. Kurz: Es handelt sich nicht um eine Gefahr für deutsche Unternehmen und Projekte, sondern um eine Chance.
H₂News: Wie sehen Sie Unipers Rolle beim Wasserstoffhochlauf?
Waters: Wir werden uns weiterhin dafür einsetzen, das Energiesystem zu optimieren, und verfolgen unsere Strategie für „Grünere Gase“. Wenn viel erneuerbarer Strom vorhanden ist, können wir ihn mit Elektrolyseuren in Wasserstoff umwandeln und einspeichern. Wenn Wasserstoff importiert werden soll, können wir unser Erdgas-Importterminal in Wilhelmshaven etwa für den Import grünen Ammoniaks erweitern. Wir planen momentan die Entwicklung von Wasserstoffspeichern an bestehenden und neuen Standorten in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen in einer Größenordnung von bis zu 600 GWh bis zum Jahr 2030. Für unsere konkreten Ausbauplanungen führen wir bis Ende März eine umfassende Marktbefragung durch, um den Bedarf der benötigten Wasserstoff-Speicherkapazitäten besser prognostizieren zu können. Grundsätzlich wird Unipers Rolle beim Wasserstoffhochlauf also die gleiche sein wie heute bei Erdgas und Strom: Als Aggregator und Infrastrukturanbieter zu fungieren, um die Endverbraucher stets sicher und zuverlässig zu versorgen – seien es Industriebetriebe oder Stadtwerke und ihre Kunden.
H₂News: Herr Waters, vielen Dank für das Gespräch!
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