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„Wir entwickeln die perfekte Membran-Elektroden-Einheit für jeden Anwendungsfall“

Das Herz jeder Brennstoffzelle und jedes Elektrolyseurs ist die Membran-Elektroden-Einheit (MEA). Der Aufbau einer MEA ähnelt einem Sandwich: Die Membran in der Mitte wird von zwei flachen Elektroden umschlossen, genau wie die Käsescheibe von zwei Schreiben Brot. Diese MEA spielen eine Schlüsselrolle im Energieumwandlungsprozess: Bei Brennstoffzellen zersetzen Katalysatoren an der Anode Wasserstoff in Elektronen und Protonen, während an der Kathode diese Teilchen mit Sauerstoff zu Wasser reagieren. Bei Elektrolyseuren arbeiten die Elektroden genau andersherum und spalten Wassermoleküle in ihre Bestandteile auf. Die gesamte Prozesskette deckt das Gelsenkirchener Start-up Hydrogenea seit 2024 ab. Was es dabei besser macht als andere Unternehmen, erklärt CEO Pit Podleschny im Interview.

von | 30.01.25

Dr. Pit Yannick Podleschny ist CEO und Mitgründer von Hydrogenea
© Hydrogenea
„Wir entwickeln die perfekte Membran- Elektroden-Einheit für jeden Anwendungsfall“ Interview mit Dr. Pit Yannick Podleschny, CEO und Mitgründer von Hydrogenea

H₂News: Herr Dr. Podleschny, was macht Hydrogenea?

Aufbau einer Membran-Elektroden-Einheit (MEA)

Aufbau einer Membran-Elektroden-Einheit (MEA) (© Hydrogenea)

Dr. Pit Yannick Podleschny:Wir produzieren Katalysatoren. Genauer gesagt stellen wir die Katalysatorschicht und den Katalysatorträger her und fertigen daraus Membran-Elektroden-Einheiten (MEAs). Wir haben eine sehr tiefgreifende, patentierte Wertschöpfung und erledigen alle Arbeitsschritte in-house. Das schafft sonst weltweit keiner.

H₂News: Können Sie uns Ihr Produkt näher erläutern?

Dr. Podleschny: Wir haben zwei zentrale Innovationen entwickelt – eine im Material- und eine im Prozessbereich. Bei der Material-Innovation geht es um einen selbstentwickelten Katalysatorträger. In der Vergangenheit waren Katalysator-Schichten vollständig mit Katalysator-Material wie Platin oder Iridium beladen. Über die Jahre hat sich das gewandelt: Man reduzierte den Einsatz teurer Edelmetalle und nutzt stattdessen kostengünstigere Materialien, die sog. Katalysatorträger, die idealerweise auch noch die Leistung steigern. Nun ist es so, dass die meisten Katalysatorträger anfällig für Korrosion sind und so die Haltbarkeit reduzieren. Unsere Materialien jedoch nicht. Bezüglich des Prozesses setzten wir auf eine kostengünstige und schnelle, skalierbare Beschichtung, um die optimierte Katalysatorschicht aufzutragen.

H₂News: Und welches Material nutzen Sie?

Dr. Podleschny: In Brennstoffzellen nutzen wir Kohlenstoff als Träger, und bei Elektrolyseuren eine Kombination aus Kohlenstoff und Metallen wie Titan. Grundlage dafür waren meine Forschung im Kohlenstoff-Nano-Bereich vor elf Jahren in Spanien sowie andere Arbeiten an der Westfälischen Hochschule wie meine. Dissertation bei Dr. Ulrich Rost). Diese haben wir kontinuierlich optimiert, sodass wir heute mit sehr wenig Edelmetall eine hohe Aktivität und Stabilität erreichen..

H₂News: Worin liegt denn Ihre zweite Innovation, auf Prozessebene?

Dr. Podleschny: In einer Antwort auf die besondere Herausforderung bei der Verwendung von stabilem Kohlenstoff als Trägermaterial. Hochleistungsfähiger Kohlenstoff ist relativ inert, also ‚glatt‘, was die Anhaftung von Katalysatormaterial erschwert. Deshalb nutzen wir einen speziellen Prozess: die elektrochemische Abscheidung. Dieses Galvanik-Verfahren ist bislang vor allem aus der Schmuckindustrie bekannt, wird aber in der Katalysator-Anwendung selten eingesetzt.

H₂News: Wie genau funktioniert es?

Dr. Podleschny: Dabei wird auf ein Substrat, aus z. B. Kohlenstoffpapier, zunächst unser Katalysatorträger und anschließend der Katalysator selbst aufgebracht. Bei metallischen Substraten funktioniert es ganz ähnlich. Wir haben den Prozess zudem für die kontinuierliche Produktion optimiert, sodass wir von Substrat bis zur fertigen Elektrode alles in einer einzigen „Rolle-zu-Rolle“-Anlage fertigen können. Die entsprechende Produktionsanlage haben wir im Sommer 2024 in Betrieb genommen und konnten bereits einen Auftrag für eine Kleinserienproduktion von mehr als 50 MEA abschließen.

MEA-Produktion im Rolle-zu-Rolle-Verfahren

MEA-Produktion im Rolle-zu-Rolle-Verfahren (© Hydrogenea)

H₂News: Was sind demnach, zusammengefasst, die Vorzüge Ihrer Material- und Prozessinnovation?

Dr. Podleschny: Das sind im Wesentlichen drei Punkte: Effizienz, Haltbarkeit und Skalierbarkeit. Bei Brennstoffzellen bedeutet eine höhere Effizienz mehr Reichweite für die  Fahrzeuge, bei der Elektrolyse mehr Wasserstoffproduktion für dieselbe Menge an zugeführter Energie. Die deutlich verbesserte Haltbarkeit ist besonders relevant, wenn man sich vor Augen führt, dass MEAs in Elektrolyseanlagen aktuell nur 8-10 Jahre halten, jedoch 20 Jahre und mehr schaffen müssen. Wir erreichen mit unseren Katalysatorschichten eine Steigerung um bis zu den Faktor 10! Drittens ermöglicht unser simpler, skalierbarer Prozess eine kostengünstige Produktion im industriellen Maßstab.

H₂News: Wie weit sind Sie mit der Entwicklung?

Dr. Podleschny: Bei der Brennstoffzellentechnologie liegen wir bei TRL (Technology Readiness Level) 6. Das heißt, wir haben die Funktionalität der Technologie nicht nur im Labor bewiesen, sondern können jetzt mit Kunden in die konkrete Anwendung gehen. Das hilft natürlich sehr dabei, die MEA weiter zu optimieren. Wirklich fertig ist man bei der Entwicklung einer Katalysatorschicht aber eigentlich nie.

H₂News: Wie sieht es im Elektrolyse-Bereich aus?

Dr. Podleschny: Bei der Elektrolyse befinden wir uns in einem etwas früheren Entwicklungsstadium. Wir haben aber sehr gute Laborergebnisse erzielt und Langzeittests laufen hier ebenfalls. Im Laufe dieses Jahres planen wir, einen Demonstrator aufzubauen – quasi als nächsten Schritt, den wir bei der Brennstoffzelle bereits erfolgreich mit unseren Kunden gegangen sind.

H₂News: Haben Sie sich bewusst für diese Staffelung entschieden?

Dr. Podleschny: Ja, denn als vierköpfiges Team müssen wir mit unseren Ressourcen gut haushalten. Der Fokus lag zunächst auf der Brennstoffzellentechnologie, womit wir bereits erste Umsätze generieren. Jetzt erweitern wir systematisch in Richtung Elektrolyse. Hier spielt uns auch in die Karten, dass sich der Aufbau der Elektroden ähneln.

H₂News: Ist es anspruchsvoll, auf Grundlage der MEA für Brennstoffzellen eine MEA für Elektrolyseure zu entwickeln?

Dr. Podleschny: Der Sprung von Brennstoffzellen zu Elektrolyseuren ist weniger komplex als man glaubt. Beide Technologien basieren auf dem gleichen Prinzip: Sie haben zwei Elektroden, eine Anode und eine Kathode. Vor allem die Kathoden ähneln sich sehr stark: Beide nutzen Platin und Kohlenstoff. Etwas komplexer ist es bei der Anode, da diese in einer Elektrolysezelle Iridium als Katalysator benötigt und metallische Träger wie Titan, was in den hohen Potenzialen, dem sauren Milieu und dem Vorhandensein von Sauerstoff begründet liegt.

H₂News: Sie erwähnten eingangs, dass momentan sämtliche Arbeitsschritte inhouse erfolgen -also die Produktion von Katalysatorträger, Katalysator und MEA. Wollen Sie das so fortsetzen?

Dr. Podleschny: Definitiv! Das ist ein Alleinstellungsmerkmal, das uns maximale Flexibilität für kundenspezifische Anpassungen erlaubt. Nur so können wir die jeweils maßgeschneiderte Optimallösung für eine Vielzahl unterschiedlicher Use Cases finden, egal, ob es um stationäre Anlagen oder mobile Anwendungen geht. Auch die Geometrien und technischen Details der MEA passen wir mit dem Kunden an die spezifischen Anforderungen an – ähnlich wie auch Verbrennungsmotoren je nach Fahrzeug unterschiedlich konzipiert sind.

H₂News: Können Sie etwas zu konkreten Demonstrationsprojekten sagen?

Dr. Podleschny: Da es sich um laufende Tests handelt, darf ich leider keine Unternehmensnamen nennen. Was ich aber sagen kann: Im Brennstoffzellenbereich decken wir ein ziemlich breites Feld ab. Dabei würde ich drei Hauptbereiche unterscheiden: Stationäre Anwendungen, den Transportsektor und die Luftfahrt. Wir entwickeln die perfekte Membran-Elektroden-Einheit für jeden Anwendungsfall.

H₂News: Gibt es denn spruchreife Projekte im Elektrolyse-Segment?

Dr. Podleschny: Noch nicht. Allerdings sind die Anwendungsfälle dort weniger divers, da es sich primär um stationäre Anlagen handelt. Es variieren vor allem die Dimensionen – von kleinen Anlagen mit einigen hundert Kilowatt bis hin zu großen 10-Megawatt-Einheiten. Die Herausforderungen liegen dabei eher in den unterschiedlichen Einsatzumgebungen: Ein Elektrolyseur in Norwegen muss anderen Witterungsverhältnissen standhalten als einer, der in Afrika steht.

H₂News: Welche Elektrolysetechnologie haben Sie da besonders im Blick?

Dr. Podleschny: Wir konzentrieren uns erstmal auf die PEM-Elektrolyse, da ich in diesem Bereich promoviert habe und wir hier über ein starkes Netzwerk und zahlreiche Testergebnisse verfügen. Wir gehen auch davon aus, dass sich im Elektrolysebereich insgesamt schneller eine Standardisierung erreichen lässt als bei Brennstoffzellen.

H₂News: Können Sie neben der PEM denn auch andere Technologien bedienen, oder wäre das ein zu großer Unterschied?

Dr. Podleschny: Nein, wir sind grundlegend technologieoffen. Bei der alkalischen Elektrolyse arbeiten wir bereits mit Industriepartnern zusammen. Hier werden Metalle wie Nickel oder Eisen als Katalysatoren eingesetzt. Der Trend geht dahin, diese durch optimierte Katalysatorschichten zu verbessern. Interessant ist hier insbesondere die Anion-Exchange-Membrane (AEM)-Elektrolyse, die die hohe Energiedichte der PEM mit dem günstigen Material der alkalischen vereint. Allerdings ist die Haltbarkeit der Polymer-Membran mit 2-3 Jahren noch deutlich geringer als bei der PEM mit 8-10 Jahren. Da wir keine Polymerchemie betreiben, fokussieren wir uns beim Thema AEM auf die Katalysatorschichten.

Fertige MEA

Fertige MEA (© Hydrogenea)

H₂News: Was sind denn Ihre Pläne für die Zukunft?

Dr. Podleschny: Der wichtigste Punkt ist sicherlich die geplante Erweiterung vom aktuellen Fokus der Brennstoffzellen um das Elektrolysegeschäft. Hinzukommt der Ausbau unserer
Produktionskapazitäten mit dem Ziel, in Großserie zu gehen. Wir planen dafür weitere Investitionen in die Anlagentechnik – sowohl für die Hochskalierung der Elektrodenfertigung als
auch für die nachgelagerten Prozesse wie das Zuschneiden und Verpressen der MEA, die bisher noch viel Handarbeit erfordern.

H₂News: Können Sie abschließend erklären, was es mit Ihrem Unternehmensnamen auf sich hat?

Dr. Podleschny: Wir wollten einen Namen, der zeigt, was wir tun. Die Inspiration kam von meinem ehemaligen Chef aus Spanien, Cesar Merino. Er schlug vor, „Hydrogen“ mit „genea“ (γενεά) zu verbinden – das griechische Wort für Geburt bzw. Schöpfung. So entstand „Hydrogenea“, was sowohl für Wasserstoff-Erzeugung steht als auch – wie einige Kunden bemerkten – als „Hydrogen“ plus „EA“ (für „Electrode Assembly“) interpretiert werden kann. Das Logo haben wir passend dazu als stilisiertes „H“ gestaltet, das gleichzeitig die verschiedenen Schichten unserer Membran-Elektroden-Einheit symbolisiert.

H₂News: Herr Dr. Podleschny, vielen Dank für das Gespräch!

 

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