H₂News: Herr Nagata, können Sie uns kurz die Entwicklung von Asahi Kasei seit der Gründung skizzieren?
Makoto Nagata: Asahi Kasei ist ein Materialtechnologie-Unternehmen, das 1922 gegründet wurde und 1923 mit der Produktion von Ammoniak für Düngemittel begann. Das Ammoniak wurde aus Wasserstoff hergestellt, der mithilfe von Strom aus Asahi Kaseis eigenem Wasserkraftwerk erzeugt wurde (Bild 1). Basierend auf seiner Elektrolyse- und Membrantechnologie stieg Asahi Kasei dann im Jahr 1975 das Chlor-Alkali-Elektrolyse-Geschäft. Seitdem haben wir Elektrolyseure an 167 Anlagen weltweit ausgeliefert. 2010 erweiterten wir unser Portfolio um alkalische Wasserelektrolyseure. Inzwischen haben wir einige containerisierte Testanlagen in Deutschland sowie mehrere Demonstrationsanlagen im Megawatt (MW)-Bereich in Japan installiert.
H₂News: Auf welche Elektrolysetechnologie konzentriert sich Ihr Unternehmen und warum?
Nagata: Asahi Kasei konzentriert sich derzeit auf die alkalische Wasserelektrolyse. Diese Entscheidung ergab sich quasi logisch aus unserer langjährigen Erfahrung mit der Chlor-Alkali-Elektrolyse, die wir so optimal weiterentwickeln konnten.
H₂News: Welche Anlagengrößen bieten Sie an?
Nagata: Unser Basismodul hat eine Kapazität von 10 MW. Durch die Verbindung mehrerer Basismodule können wir die Größe aber hochskalieren. Unsere so konfigurierten Standard-Systeme sind für eine Leistung von 100 MW ausgelegt.
H₂News: Wie weit sind Sie mit der Serienproduktion Ihrer Stacks und anderer Systemkomponenten?
Nagata: Bei den Chlor-Alkali-Elektrolyseuren sind wir hier schon recht weit, hier betreiben wir Anlagen mit einer Gesamtkapazität von mehr als 1 Gigawatt (GW). Eine Erweiterung der Fertigungskapazitäten wird derzeit auch für die Wasser-Elektrolyseure diskutiert.
H₂News: Sie sind ein japanisches Unternehmen, wollen allerdings international expandieren. Auf welche Märkte konzentrieren Sie sich global und warum?
Nagata: Wir schauen auf den europäischen, nordamerikanischen und asiatischen Markt. Wir denken, dass dies die ersten Märkte für Wasserstoffproduktion und -nutzung sein werden, die richtig in Gang kommen. In Zukunft könnte sich der Markt dann stärker in Weltregionen mit kostengünstigen erneuerbaren Energien verlagern, und wir werden der Marktsituation folgen.
H₂News: Welches Ihrer Projekte würden Sie hervorheben?
Nagata: Da wäre zunächst das FH2R (Fukushima Hydrogen Energy Research Field) zu nennen, das von der japanischen Regierung geleitet wird. Hierfür haben wir einen 10-MW-Elektrolyseur geliefert, der seit 2020 in Betrieb ist.
Außerdem gibt es zwei wichtige Demonstrationsanlagen an unserem Produktionsstandort in Kawasaki: Eine Ein-Modul-Anlage mit 0,8 MW Kapazität sowie eine Vier-Modul-Anlage mit insgesamt 3,2 MW Leistung. Eines unserer Kernziele ist es, die Membranen und Elektroden von alkalischen Elektrolyseuren zu optimieren und das optimale Betriebsschema für die Mehrmodul-Konfiguration herauszufinden.
Auch in Deutschland betreiben wir eine Demo-Anlage, und zwar in Niederaußem bei Köln. Sie war Teil des Projekts ALIGN-CCUS zur Produktion von DME (Dimethylether) aus abgeschiedenem CO2 und Wasserstoff. Das Nachfolgeprojekt TAKE-OFF, das im Januar 2021 begann, zielt stärker auf die Produktion von SAF (Sustainable Aviation Fuel) ab..
H₂News: Welche politischen Rahmenbedingungen wären aus Ihrer Sicht für den Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft günstig?
Nagata: Um eine echte Wasserstoffgesellschaft zu etablieren, brauchen wir eine enge Zusammenarbeit der Akteure entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Außerdem ist staatliche Unterstützung in Bezug auf politische und regulatorische Rahmenbedingungen entscheidend.
H₂News: Wie ist Ihre Prognose für die Entwicklung der Wasserstoffwirtschaft in den nächsten 5-10 Jahren?
Nagata: Bis 2030 sehen wir den Markt in einer Entwicklungsphase für Technologien und Infrastruktur. Eine Vielzahl von kleinen Projekten und einige GW-Projekte werden den Betrieb aufnehmen. Nach 2030 wird der Markt in die Expansionsphase übergehen: Die Größe der Projekte wird zunehmen, und wir werden immer häufiger Übersee-Transporte von Wasserstoff über lange Strecken sehen. Darüber hinaus werden sich die H2-Aktivitäten von Ländern mit einem starken Produktionsnetzwerk für Strom aus erneuerbaren Quellen beschleunigen.
H₂News: Unterscheiden sich die Wasserstoffmärkte in Japan und Deutschland bzw. Europa voneinander?
Nagata: Jeder Wasserstoff-Markt auf der Welt ist einzigartig: Die jeweilige Verfügbarkeit von erneuerbarer Energie sowie das Verhältnis von Angebot und Nachfrage beeinflussen die Situation stark. In Japan sind erneuerbare Energiequellen beispielsweise nur begrenzt verfügbar. Der Aufbau einer Wasserstoff-Importinfrastruktur ist daher sehr wichtig für uns, und parallel zur Wasserstoffproduktion muss ein H2-Transportnetz etabliert werden. Momentan laufen dafür mehrere Demonstrationen im Markt. In Europa variiert die Lage von Land zu Land besonders stark. Ein klarer Trends ist aber sicherlich, dass Wasserstoff in Regionen mit niedrigeren Strompreisen erzeugt und dann in solche mit hoher Nachfrage transportiert wird.
H₂News: Herr Nagata, vielen Dank für das Gespräch!
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