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EU-Wasserstoffstrategie: Rechnungshof mahnt Brüssel zu „Realitätscheck”

Beim Aufbau eines Marktes für grünen Wasserstoff verzeichnet die EU bislang nur bescheidene Erfolge. Dies geht aus einem aktuellen Bericht des Europäischen Rechnungshofs hervor.

von | 17.07.24

© Cédric from Brussels, Belgium, European Court of Auditors, November 2006, Größe und Zuschnitt von H2News, CC BY 2.0
© Cédric from Brussels, Belgium, European Court of Auditors, November 2006, Größe und Zuschnitt von H2News, CC BY 2.0
Rechnungshof

Die Europäische Kommission habe laut Rechnungshof zwar richtige Schritte unternommen, doch gebe es noch Probleme entlang der gesamten Wasserstoff-Wertschöpfungskette. So werde die EU ihre für 2030 gesetzten Ziele für Erzeugung und Import von erneuerbarem Wasserstoff voraussichtlich nicht erreichen.

Die Prüfer vom EU-Rechnungshof rund um Leiter Stef Blok fordern daher, die EU-Ziele einem „Realitätscheck” zu unterziehen. Man müsse sicherstellen, dass diese sich auch verwirklichen ließen. Zudem dürften die strategischen Entscheidungen über das weitere Vorgehen die Wettbewerbsfähigkeit der Schlüsselindustrien nicht beeinträchtigen oder neue Abhängigkeiten schaffen.

Laut den Prüfern habe die Kommission zu ehrgeizige Ziele für Erzeugung und Import von erneuerbarem Wasserstoff festgelegt. Sie belaufen sich auf jeweils 10 Millionen Tonnen bis 2030. Diese Ziele hätten nicht auf einer soliden Analyse beruht, sondern seien von politischem Willen geleitet gewesen.

Rechnungshof: Umsetzung der H2-Strategie „holprig”

Außerdem sei die Umsetzung der europäischen H2-Strategie anfangs „holprig” verlaufen: Erstens hätten die unterschiedlichen Ambitionen der EU-Staaten nicht immer im Einklang mit den Zielvorgaben gestanden; zweitens habe die Kommission bei der Abstimmung mit den EU-Staaten und der Industrie nicht dafür gesorgt, dass alle Parteien an einem Strang ziehen.

Andererseits räumen die Prüfer ein, dass die Kommission die meisten Rechtsakte innerhalb kurzer Zeit vorgeschlagen hat. Der Rechtsrahmen sei „fast vollständig” und habe die Sicherheit geschaffen, die für einen neu entstehenden Markt entscheidend sei.

Die Einigung darüber, was unter „erneuerbarem” Wasserstoff zu verstehen sei und welche Vorschriften für ihn gelten, habe aber zu lange gedauert. Zudem habe die Politik viele Investitionsentscheidungen verschoben. Auch Projektentwickler schöben daher Investitionsentscheidungen auf, da das Angebot von der Nachfrage abhänge und umgekehrt.

EU soll Wasserstoffstrategie aktualisieren

Der Aufbau einer EU-Wasserstoffindustrie erfordere massive öffentliche und private Investitionen. Allerdings habe die Kommission keinen vollständigen Überblick über den Bedarf oder die verfügbaren öffentlichen Mittel. Gleichzeitig seien EU-Fördermittel über mehrere Programme verstreut. Dies erschwere Unternehmen die Entscheidung, wie sie ein Projekt am besten finanzieren sollten. Die Höhe der Fördermittel beziffern die Prüfer für den Zeitraum 2021–2027 auf 18,8 Milliarden Euro.

Der Großteil der Gelder gehe an EU-Länder mit einem hohen Anteil von Industrien, in denen CO₂-Neutralität nur schwer zu erreichen sei. Gleichzeitig sei die Projektplanung in diesen Ländern – Deutschland, Spanien, Frankreich und Niederlande – recht weit fortgeschritten. Jedoch gebe es keine Garantie dafür, dass das H2-Potenzial der EU voll ausgeschöpft werden könne. Unklar sei auch, ob Wasserstoff innerhalb der EU effizient aus Ländern mit hohem Produktionspotenzial in Länder mit hoher industrieller Nachfrage transportiert werden könne.

Die Prüfer fordern die Kommission daher auf, ihre Wasserstoffstrategie zu aktualisieren. Dabei müsse sie insbesondere drei zentrale Fragen beantworten:

  • Wie können präzise Marktanreize für die Erzeugung und Nutzung von erneuerbarem und CO₂ armem Wasserstoff geschaffen werden?
  • Wie können die knappen EU-Mittel priorisiert werden, und auf welchen Teilen der Wertschöpfungskette sollte dabei der Schwerpunkt liegen?
  • Welche Industriezweige sollen in der EU gehalten werden, und zu welchem Preis?

Hintergrund

Im Jahr 2022 wurden weniger als 2 % des Energieverbrauchs in Europa durch Wasserstoff gedeckt, wobei die Nachfrage zum größten Teil von Raffinerien kam. Laut dem Bericht wird die Gesamtnachfrage bis 2030 nicht einmal 10 Millionen Tonnen erreichen. Zum Vergleich: Die EU-Kommission hatte ursprünglich 20 Millionen Tonnen anvisiert.

Die Prüfer stellen außerdem fest, dass es derzeit keine umfassende EU-Strategie für Wasserstoffimporte gebe. Solche Importstrategien planen einzelne Mitgliedstaaten hingegen selbstständig, etwa die Bundesrepublik. Dies hatte Wirtschaftsminister Habeck erst Anfang der Woche bekräftigt.

Der Sonderbericht 11/2024 “Die Industriepolitik der EU im Bereich erneuerbarer Wasserstoff: Rechtsrahmen weitgehend angenommen – Zeit für einen Realitätscheck” ist auf der Website des Europäischen Rechnungshofs abrufbar.

 

(Quelle: EU Rechnungshof/2024)

 

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