3. März 2022 | Die Bundesregierung hat im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine das Ziel formuliert, Deutschlands Abhängigkeit in der Energieversorgung schneller als ursprünglich geplant zu reduzieren. Dies kann gelingen, wenn jetzt alle relevanten Technologien und Optionen eingesetzt werden. Wasserstoff kommt in diesem Zusammenhang eine unverzichtbare Bedeutung zu, um die Energieversorgung in Deutschland in Zukunft abzusichern.
Eine kürzlich veröffentlichte Studie zeigt, dass – entgegen vieler Annahmen – Wasserstoff keine Mangelware bleiben muss. Bereits ab dem Jahr 2030 kann der Bedarf mehr als gedeckt werden. Voraussetzung ist jedoch, dass die politischen Rahmenbedingungen entsprechend geschaffen werden. Zu diesem Ergebnis kommt eine im Auftrag des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfachs (DVGW) durchgeführte Studie von Frontier Economics. Die Untersuchung hat in verschiedenen Szenarien die mittel- und langfristige Verfügbarkeit klimaneutraler Gase ermittelt.
Wasserstoff ist nicht mehr der Champagner der Energiewende
Demnach stehen im Jahr 2030 rund 290 Terawattstunden (TWh) CO2-armer bis klimaneutraler Wasserstoff zur Verfügung. Etwa 60 Prozent davon wären grüner Wasserstoff aus heimischer Elektrolyse und anderen europäischen Ländern. Diese Menge übertrifft um ein Vielfaches alle gängigen Nachfrageprognosen. So geht der Nationale Wasserstoffrat für diesen Zeitraum von einem Bedarf von bis zu 110 TWh aus. Bis 2045 könnten Industrie, Fahrzeuge sowie Gebäude dann mit einer Energiemenge von 850 TWh versorgt werden. Durch den Import von grünem Wasserstoff beispielsweise aus Ländern Nordafrikas wäre auf lange Sicht sogar ein Angebot von etwa 2.000 TWh denkbar. Dies entspricht mindestens dem Doppelten der Energie, die im klimaneutralen Deutschland der Zukunft benötigt wird.
„Das Argument, Wasserstoff sei der Champagner der Energiewende, ist somit widerlegt. Mit politischem Willen und den notwendigen Weichenstellungen können über die deutschen Verteilnetze ausreichende Mengen für alle Sektoren zur Verfügung stehen – für die Industrie und auch für die über 20 Millionen Haushalte, die heute mit Gas heizen. Es sollten also alle Sektoren für die Anwendung von Wasserstoff berücksichtigt werden“, sagt der DVGW-Vorstandsvorsitzender Prof. Dr. Gerald Linke.
Er unterstreicht damit die zwingende Technologieoffenheit und die Chance der mit einer Diversifizierung verbundenen Stärkung der Versorgungssicherheit. Für eine solche Transformation sei Deutschland mit seiner Infrastruktur gut aufgestellt und wasserstofftaugliche Endgeräte bereits entwickelt.
Es braucht Technologieoffenheit
Der Umbau des Energiesystems ist nur zu schaffen, wenn alle Optionen ausgeschöpft werden – sowohl der Ausbau erneuerbarer Energien als auch der Hochlauf klimafreundlicher Gase. Nur so lassen sich die enormen Energiemengen decken, die heute noch mit fossilen Rohstoffen erzeugt werden.
Die Studie des DVGW entkräftet zudem das Vorurteil, klimafreundliche Gase seien zu teuer für den Gebäudesektor. So könnten die langfristigen Herstellungskosten von grünem Wasserstoff von aktuell 25 bis 30 Cent pro Kilowattstunde auf fünf bis sieben Cent im Durchschnitt im Jahr 2045 sinken.