Die EU-Kommission will mit der neuen Verordnung Herstellungsrouten für Wasserstoff regeln, die zwar nicht den Anforderungen der Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED III) entsprechen, aber dennoch zur Emissionsminderung beitragen können. Grundsätzlich begrüßt der NWR, dass für diesen sogenannten CO2-armen Wasserstoff damit eine wichtige regulatorische Lücke geschlossen werde.
Konkrete Verbesserungsvorschläge
Das Beratungsgremium der Bundesregierung fordert indes mehrere Anpassungen an der geplanten Verordnung:
- Die CO2-Last von Netzstrom sollte stündlich statt im Jahresdurchschnitt ermittelt werden
- Bei Vorkettenemissionen, etwa bei Methan-Leckagen, sollten projektspezifische Daten oder zumindest nach Lieferregionen differenzierte Standardwerte genutzt werden können
- Power-Purchase-Agreements (PPA) für kohlenstoffarmen Strom sollten auch über 2027 hinaus möglich sein
- Die Union Database sollte als zentrales Instrument für ein gesamteuropäisches Massenbilanzierungssystem dienen
Warnung vor Überregulierung
„Ein Teil des NWR hält die im derzeitigen Entwurf diskutierten Vorgaben für teilweise ungeeignet, nicht praktikabel umsetzbar sowie kostentreibend“, heißt es in der Stellungnahme. Das Gremium empfiehlt, stattdessen die in der Gasmarktrichtlinie vorgegebene Treibhausgas-Einsparung von mindestens 70 Prozent als Leitkriterium zu nutzen.
Der NWR unterstützt zudem die von Bundeswirtschaftsminister Habeck geforderte Verschiebung der Regelungsvorgaben zu Additionalität und zeitlicher Korrelation beim Strombezug für erneuerbaren Wasserstoff (s.u.). Allerdings dürfe dies nicht zu langwierigen Neuverhandlungen führen. Das Gremium plädiert für eine parallele und harmonisierte Überarbeitung der Regelungen für beide Wasserstoffarten, um Planungssicherheit für die Projekte zu gewährleisten.
„Langfristig soll ein fairer Wettbewerb mit vergleichbaren Bedingungen zwischen kohlenstoffarmem und erneuerbarem Wasserstoff geschaffen werden”, betont der NWR.
Ziel müsse ein transparentes, praxisorientiertes und international anschlussfähiges Zertifizierungssystem sein, das einen liquiden grenzüberschreitenden Handel ermöglicht.
Hintergrund: Erneuerbarer und CO2-armer Wasserstoff in der EU
Die EU unterscheidet verschiedene Arten von Wasserstoff nach ihrer Auswirkung auf das Klima:
- Erneuerbarer (grüner) Wasserstoff wird durch Elektrolyse mit Strom aus erneuerbaren Energien hergestellt. Die Anforderungen dafür sind in der Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED III) geregelt. Zwei delegierte Verordnungen vom Frühjahr 2023 legen strenge Kriterien für die Strombeschaffung fest, etwa zur zeitlichen Übereinstimmung von Stromproduktion und -verbrauch (Korrelation) sowie zum Aufbau zusätzlicher erneuerbarer Energien (Additionalität).
- CO2-armer (blauer) Wasserstoff wird überwiegend aus Erdgas hergestellt, wobei das entstehende CO2 abgeschieden und gespeichert wird (CCS). Auch Wasserstoff aus Elektrolyse mit CO2-armem Netzstrom fällt in diese Kategorie. Die EU-Kommission plant nun erstmals verbindliche Zertifizierungskriterien. Zentrale Anforderung: Die Treibhausgas-Emissionen müssen im Vergleich zu fossilem Wasserstoff um mindestens 70 Prozent sinken.
Die geplante Verordnung soll Klarheit für Investoren schaffen und den Aufbau eines funktionierenden Wasserstoffmarktes beschleunigen. Während erneuerbarer Wasserstoff langfristig überwiegen soll, wird CO2-armer Wasserstoff als wichtige Brückentechnologie für die Markthochlaufphase gesehen. Bei der Bekanntmachung der überarbeiteten Nationalen Wasserstoffstrategie im Juli 2023 hatte Minister Habeck es so formuliert: „Wir fördern grün und nehmen alles.“
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