14. Dezember 2023 | Die Avacon AG und der DVGW haben ein Projekt zur Beimischung von Wasserstoff in ein Erdgas-Verteilnetz abgeschlossen. Zwei Heizperioden lang fügten sie einem Netzabschnitt in Sachsen-Anhalt bis zu 20 % Wasserstoff zu. Dabei habe man die Einstellungen der etwa 350 angeschlossenen Haushaltsgeräte nicht verändert. Die Einspeisung habe problemlos funktioniert. Der DVGW-Vorstandsvorsitzende Gerald Linke bezeichnet das Ergebnis als “Meilenstein in Richtung einer zügigen, technisch sicheren Wasserstoff-Transformation.”
Die Wasserstoff-Einspeisung fand in einem 35 km langen Abschnitt des Gasverteilnetzes von Avacon in Schopsdorf im Jerichower Land statt. Er versorgt etwa 350 Netzkunden mit Erdgas. Laut DVGW war der Mitteldruck-Verteilnetzabschnitt aus den 90er Jahren für das Projekt besonders geeignet, weil die dort verbaute Infrastruktur repräsentativ für das gesamte Avacon-Gasverteilnetz sei.
Im Projektgebiet waren nach Angaben des DVGW 352 Geräte von 30 Herstellern verbaut. Damit deckt es ein breites Spektrum möglicher Gerätetechnik ab. Lediglich fünf Geräte seien vor dem Start der Beimischung auf Wunsch der Hersteller getauscht worden. Bei der Laboruntersuchung habe man jedoch auch bei diesen Geräten keine sicherheitsrelevanten Mängel festgestellt, sodass sie im Netz hätten verbleiben können.
Das Projekt habe dem DVGW „grundlegende physikalische Erkenntnisse zur Ähnlichkeit von Erdgas und Wasserstoff” geliefert. Sie sollen nun in das Regelwerk des Verbandes einfließen, um die Rechtssicherheit der Netzbetreiber zu erhöhen. Eine Anpassung betreffe den Prüfumfang: Bei sicherheitstechnischer Begleitung durch den DVGW könne künftig auf die Prüfung sämtlicher Einzelgeräte bei der Wasserstoffeinspeisung verzichtet werden. Stattdessen seien stichprobenartige Prüfungen der Gasgeräte ausreichend. Art und Umfang der Prüfungen will der Verband noch spezifizieren.
Wasserstoff im Verteilnetz: Bedenken abgebaut
Nach Abschluss des Projektes befürworteten mehr als 90 % der Teilnehmerinnen und Teilnehmer den Einsatz von Wasserstoff im Gasnetz. Viele hätten anfängliche Vorbehalte abgebaut. Frank Schwermer, Geschäftsführer der Avacon Netz GmbH, unterstreicht:
„Besonders stolz macht uns die Tatsache, dass alle betroffenen Haushalte im Untersuchungsgebiet am Projekt teilgenommen haben und wir bei einer abschließenden Kundenumfrage sehr gute Umfrageergebnisse erhielten.”
Auch die zwischen den Beimischphasen erfolgten Stichproben der Geräte seien „durchweg positiv” gewesen. Zudem wiesen alle Geräte während der Beimischphasen weniger CO2 -Emissionen und Stickstoffoxide auf. Dadurch ließe sich bei einem Gasgemisch von 20 % Wasserstoff 7 % CO2 einsparen. Durch die Modernisierung eines Heizgerätes sei eine Reduktion von etwa 17 % CO2 möglich. Berücksichtigt man beide Faktoren, ergibt dies 23 % CO2-Einsparungspotenzial.
Großen Wasserstoffmengen stehen „Tür und Tor” offen
Der DVGW-Vorstandsvorsitzende Prof. Dr. Gerald Linke erklärte, dass der erbrachte Nachweis auch Enrscheidungen in der kommunalen Wärmeplanung unterstützen könne. Zudem helfe die Einspeisung von Wasserstoff in das Verteilnetz bei der Entlastung von Stromnetzen und erleichtere die Sektorenkopplung. Linke bilanziert:
„Unser Gemeinschaftsprojekt hat eindrücklich bewiesen, dass der raschen Aufnahme erheblicher Wasserstoffmengen über die bestehende Gasinfrastruktur ebenso wie dem Betrieb von angeschlossenen Geräten Tür und Tor offenstehen. Die Einspeisung von Wasserstoff lässt sich somit im großen Maßstab skalieren, und Geräte im Bestand können en bloc auf Wasserstoff umgestellt werden.“
Das Gemeinschaftsprojekt habe den Weg für praxisnahe Regelwerksanpassungen geebnet. Nun könne man den Wasserstoffanteil schrittweise erhöhen, ohne auf Sicherheitsstandards zu verzichten. Der DVGW plant, Angaben zur Wasserstoffverträglichkeit von allen namhaften Geräteherstellern abzufragen und in einer Revision der DVGW-Anpassungsdatenbank im Laufe des Jahres 2024 zu implementieren. Bereits im Februar hatte der Gas- und Wasserverband seine VerifHy-Datenbank öffentlich zugänglich gemacht, mit der Netzbetreiber die Wasserstofftauglichkeit ihrer Infrastruktur überprüfen können.