Die im Weißbuch vorgestellten Modelle speisen sich aus unterschiedlichen Quellen, darunter BMWK-Langfristszenarien, einer EWI-Analyse aus dem März 2024 und der INES-Marktabfrage vom Januar 2025. Sie alle gehen von einem erheblich steigenden Bedarf an Wasserstoffspeicherkapazitäten aus.
Bis 2030 wird demnach ein Speicherbedarf von 2 bis 7 TWh erwartet, der bis 2045 auf 76 bis 80 TWh anwachsen könnte. Als Haupttreiber für den Anstieg identifiziert das Ministerium den Einsatz von Wasserstoff in der Industrie sowie in Kraftwerken zur Rückverstromung. Europaweit könnte der Speicherbedarf bis 2050 auf bis zu 161 TWh ansteigen.
Das Weißbuch soll laut Ministerium inklusive der dazu eingegangenen Rückmeldungen als Grundlage für die Arbeit der Bundesregierung in der 21. Legislaturperiode dienen.
Ideale geologische Voraussetzungen
Das Weißbuch hebt hervor, dass Deutschland über ausgezeichnete geologische Voraussetzungen für die H2-Speicherung verfügt. Mit seinem Potenzial könne das Land nicht nur den eigenen Wasserstoffspeicherbedarf decken, sondern auch den seiner europäischen Nachbarn unterstützen. „Deutschland kann in Europa eine Schlüsselrolle einnehmen”, heißt es in dem Dokument.
Besonders Salzkavernen bieten demnach das größte Potenzial für die Speicherung. Diese werden durch obertägige Speicherlösungen wie Druck- und Flüssigwasserstoffspeicher für kurzzeitige Speicherung und dezentrale Anwendungen ergänzt.
Ein wesentlicher Fokus liegt auf der Umwidmung bestehender Infrastruktur: Die Umrüstung untertägiger Erdgas- und Erdölspeicher zu Wasserstoffspeichern könnte 20 bis 50 Prozent des deutschen Speicherbedarfs bis 2040 decken. Mit einem geeigneten Rechtsrahmen könnte die Umwidmung von Salzkavernen innerhalb von sechs Jahren erfolgen, wobei die reine Bauzeit etwa drei Jahre beträgt. Neubauprojekte benötigen hingegen bis zu zwölf Jahre.
Wettbewerbliches Marktdesign als Leitbild
Das Weißbuch spricht sich für einen wettbewerblich organisierten Speichermarkt aus, der „entscheidende wirtschaftliche und technologische Vorteile” biete. Die technologische Vielfalt und die Möglichkeit zur dezentralen Wasserstoffspeicherung werden als ideale Voraussetzungen für die Entwicklung eines wettbewerblichen Marktes angesehen.
Zur Förderung solcher Marktstrukturen empfiehlt das Ministerium den Abbau von Markteintrittsbarrieren und klare, aber begrenzte regulatorische Leitplanken, um die Rahmenbedingungen für Investitionen zu verbessern. Dabei soll der Regulierungsrahmen den Wettbewerb unterstützen, ohne dessen Entwicklung zu behindern.
Kritik an Förderansatz des Ministeriums
In einer am 22. April veröffentlichten Stellungnahme begrüßte der Speicherverband Initiative Energien Speichern (INES) das Ziel des BMWK, Wasserstoffspeicher wettbewerblich zu organisieren. Allerdings kritisierte INES-Geschäftsführer Sebastian Heinermann das Fördermedell:
„Die Phase des Wasserstoff-Markthchlaufs erfordert – aufgrund der langen Entwicklungszeiten für Wasserstoffspeicher – frühzeitige Investitionen in die Speicherentwicklung, damit die Nachfrage bedient werden kann, sobald sie an den Markt kommt.”
Der nachfrageorientierte Förderansatz des BMWK ermöglicht nach Ansicht des Verbandes keine ausreichende Synchronisation zwischen Speicherentwicklung und künftiger Nachfrage. INES plädiert stattdessen für den Einsatz von Differenzverträgen („Contracts for Difference”), die Investitionen durch staatliche Zuschüsse in Form einer Differenz zwischen Marktpreis und Speicherkosten absichern könnten. Dieses Modell habe sich bereits in anderen Bereichen der Energiewende bewährt.
Pro und Contra Differenzverträge
Das Ministerium hält die Verträge indes für „zum jetzigen Zeitpunkt nicht hinreichend geeignet”. Als Gründe nennt es die Gefahr einer Überdimensionierung des Speicherangebots, die hohe Komplexität bei der Umsetzung sowie den schwer abschätzbaren öffentlichen Finanzierungsbedarf bei langfristiger Risikoübernahme durch den Staatshaushalt.
Der Verband verweist auf seine Marktabfrage MAHS. Dabei zeigen sich deutliche Unterschiede in den Prognosen: Während INES für 2045 einen Speicherbedarf von 32 bis 43 TWh ermittelt hat, geht das BMWK auf Basis seiner Langfristszenarien von etwa 80 TWh aus – fast doppelt so viel.
INES, der nach eigenen Angaben über 90 Prozent der deutschen Gasspeicherkapazitäten repräsentiert, appelliert an die Bundesregierung, die Empfehlungen aus Wissenschaft und Praxis in die konkrete Ausgestaltung der Förderkulisse einzubeziehen.
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