Das schon am 2. April erteilte RFNBO-Zertifikat (Renewable Fuels of Non-Biological Origin) basiert auf dem ISCC-EU-Zertifizierungsschema, meldete Air Liquide am Mittwoch (8. April). Der unabhängige Auditor DEKRA Certification unterstützte den Prozess. Damit ist der in Oberhausen produzierte Wasserstoff offiziell als erneuerbarer Kraftstoff nach EU-Standards anerkannt.
Die Zertifizierung bildet die Grundlage für die Anrechenbarkeit des Wasserstoffs auf die Erfüllung der Treibhausgas-Quote nach der 37. BImSchV. Sie berechnet den Carbon Footprint entlang der gesamten Lieferkette bis zur Wasserstofftankstelle für Mobilitätskunden.
In einem Interview mit H2News erläuterte Gilles Le Van, Vice Vorsitzender des Aufsichtsrats der Air Liquide Deutschland GmbH, bereits im Dezember 2024 die Problematik der fehlenden Zertifizierung: „Die Anlage ist technisch für den kommerziellen Betrieb voll einsatzbereit – wir könnten sofort Volllast fahren. Allerdings ist die Kundenresonanz derzeit noch begrenzt: Es fehlt vor allem die Zertifizierung.” Besonders für Kunden in Branchen mit gesetzlich vorgeschriebenen Quoten sei der Nachweis essentiell.
Unterstützung für Industrie und Transportsektor
Ein RFNBO-Zertifikat soll Unternehmen aus den Bereichen Mobilität und Industrie, wie Raffinerien und Chemie, bei der Erreichung ihrer Klimaziele unterstützen. Kunden können den Wasserstoff nun offiziell als treibhausgasreduzierenden Kraftstoff deklarieren.
„Air Liquide geht weiterhin neue Wege in der erneuerbaren Wasserstoffwirtschaft. Das Erreichen der RFNBO-Zertifizierung für unsere Trailblazer-Großanlage in Oberhausen ist ein wichtiger Meilenstein”, so Gilles Le Van in der Mitteilung.
Gegenüber H2News hatte Le Van die wirtschaftliche Herausforderung bei der Einführung von grünem Wasserstoff beschrieben: „Eine der größten Hürden ist derzeit der Preis – grüner Wasserstoff ist etwa dreimal teurer als konventioneller. Allerdings ist das eine Momentaufnahme: Bei den richtigen Rahmenbedingungen wird der Preis für grünen Wasserstoff sinken, während die Kosten für grauen Wasserstoff steigen werden. Langfristig erwarten wir eine Annäherung der Preise.”
Größte Produktionsanlage für klimaneutralen Wasserstoff in Deutschland
Der als „Trailblazer” bezeichnete PEM-Elektrolyseur wurde im August 2024 offiziell eingeweiht. Die Stacks wurden in einem Joint Venture von Siemens Energy und Air Liquide hergestellt. Er befindet sich in einem Chemie-Park in Oberhausen. Laut Betreiber ist es die größte Produktionsanlage für erneuerbaren Wasserstoff in Deutschland, die an eine bestehende Infrastruktur angeschlossen ist. Einen PEM-Elektrolyseur mit einer noch größeren Leistung nahm kürzlich BASF in Ludwigshafen in Betrieb.
Der Standort im industriellen Herzen des Ruhrgebiets soll die Versorgung von Großkunden mit erneuerbarem Wasserstoff erleichtern. Mit einer Produktionskapazität von bis zu 2.900 Tonnen Wasserstoff pro Jahr ist der Trailblazer an eine bestehende Wasserstoff-Pipeline von Air Liquide angeschlossen – mit einer Länge von rund 240 Kilometern das größte schon im Betrieb befindliche Wasserstoff-Netz Deutschlands.
„Es eignet sich nicht für den überregionalen Transport, ist aber ideal, um erste Großprojekte zu demonstrieren und bestehende Kunden mit ersten grünen Wasserstoff-Molekülen zu versorgen”, erklärte Le Van im H2Talk. „Und genau das tun wir hier in Oberhausen.”