Generic filters
Exact matches only
FS Logoi

Bilanz zum H2-Hochlauf: EU-Regulierer sehen massive Verzögerungen

Die Europäische Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden (ACER) hat ihren ersten umfassenden Monitoring-Bericht zum europäischen Wasserstoffmarkt veröffentlicht. Er zeigt eine ernüchternde Bilanz. Während die EU bis 2030 auf 20 Millionen Tonnen erneuerbaren Wasserstoff pro Jahr setzt, liegt die Produktion heute bei nur 22.000 Tonnen. Hohe Kosten, fehlende Infrastruktur und unsichere Nachfrage bremsen den Hochlauf. Der Bericht analysiert die Herausforderungen und gibt konkrete Handlungsempfehlungen für Politik und Wirtschaft.

von | 25.11.24

Noch werden fast 98 % der in Europa erzeugten Wasserstoffmengen fossil gewonnen
© Humam - stock.adobe.com
ACER

Der Wasserstoffverbrauch in der EU liegt laut dem am 19. November vorgelegten ACER-Papier bei 7,2 Millionen Tonnen pro Jahr. Davon stammen heute 99,7% aus fossilen Quellen – das EU-Ziel von 20 Millionen Tonnen grünem Wasserstoff bis 2030 erscheint vor diesem Hintergrund kaum erreichbar. Ein Haupthindernis sind die Kosten: Erneuerbarer Wasserstoff ist derzeit drei- bis viermal teurer als sein konventionelles Pendant.

Immerhin hat die erste Auktion der European Hydrogen Bank im Mai gezeigt, dass theoretisch deutlich niedrigere Kosten möglich sind – teilweise unter 3 Euro pro Kilo. Bei der Elektrolysekapazität klafft dennoch eine große Lücke: Aktuell sind in Europa nur 216 Megawatt installiert. Projekte mit einer Gesamtkapazität von 1,8 Gigawatt befinden sich im Bau und sollen bis Ende 2026 in Betrieb gehen. Weitere 70 Gigawatt sind bis 2030 angekündigt, aber nur wenige dieser Projekte haben bisher die finale Investitionsentscheidung erreicht.

Infrastrukturausbau vor großen Unsicherheiten

Die Planungen für die Wasserstoff-Infrastruktur sind ehrgeizig: 42.000 Kilometer Pipelines sowie zahlreiche Speicher und Terminals sollen laut Bericht in den nächsten zehn Jahren entstehen. Etwa 15.500 Kilometer davon wollen die europäischen Netzbetreiber durch die Umwidmung bestehender Erdgasleitungen realisieren. Deutschland plant allein ein Wasserstoff-Kernnetz von über 9.000 Kilometern, die Niederlande ein landesweites Backbone-System von 1.200 Kilometern. Allerdings haben bisher nur etwa ein Prozent der Projekte die finale Investitionsentscheidung erreicht. Die Übersicht der ACER zeigt deutlich, dass in Deutschland mit 57 Einzelvorhaben die mit EU-weit meisten H2-Infrastrukturprojekte geplant sind.

Als zentrale Herausforderung für Projektentwickler nennt die EU-Agentur die Unsicherheit über die künftige Wasserstoffnachfrage. ACER empfiehlt daher einen schrittweisen, an der tatsächlichen Marktentwicklung orientierten Infrastrukturausbau, um Überinvestitionen zu vermeiden. Besonderes Augenmerk sollte auf die Integration mit dem Stromnetz und die optimale Standortwahl für Elektrolyseure gelegt werden.

Handlungsempfehlungen der ACER

Der Bericht enthält konkrete Empfehlungen für politische Entscheidungsträger: Die zügige Umsetzung des EU-Wasserstoffpakets in nationales Recht, die Beschleunigung des Elektrolyseur-Ausbaus sowie eine verbesserte Nachfrageprognose und integrierte Planung. Auch die Rolle von nicht-erneuerbarem Wasserstoff mit geringem CO2-Fußabdruck müsse geklärt werden.

Eine besondere Herausforderung stellt die Finanzierung der Wasserstoff-Infrastruktur dar. Hier empfiehlt ACER neuartige Mechanismen zur zeitlichen Verteilung der Netzkosten, wie sie beispielsweise in Deutschland entwickelt wurden.

Der vollständige ACER-Bericht „European hydrogen markets – 2024 Market Monitoring Report“ ist auf der Website der Agentur verfügbar.

 

ACER

Laufende Projekte zum Aufbau einer Wasserstoffinfrastruktur in Europa laut ACER, Stand November 2024 (© ACER)

 

(Quelle: ACER/2024)

Bildquelle, falls nicht im Bild oben angegeben:

Jetzt Newsletter abonnieren

Brennstoff für Ihr Wissen, jede Woche in Ihrem Postfach.

Hier anmelden

H2-Projekte in Ihrer Region

Mehr als 300 Wasserstoff-Projekte in Deutschland und Europa

Hier geht's zur interaktiven Karte

Ziegel der Zukunft: Traditionsunternehmen setzt auf grünen Wasserstoff
Ziegel der Zukunft: Traditionsunternehmen setzt auf grünen Wasserstoff

Ein traditionsreiches Familienunternehmen zeigt, wie klimafreundliche Industrie in Nordrhein-Westfalen gelingen kann: Die Janinhoff GmbH & Co. KG aus Münster produziert seit über hundert Jahren Ziegel und Klinker. Nun stellt das Unternehmen als erstes der Branche in Deutschland die Produktion vollständig von Erdgas auf grünen Wasserstoff um.

mehr lesen

H2 Talk

H2-Filter: „Es darf nur noch 1 aus einer Milliarde Moleküle vorhanden sein”
„Wir stehen vor einer dreifachen Transformation”
„Oberflächennahe Wasserstoffleitungen kombinieren Transparenz und Sicherheit”

Publikationen

Netzmeister 2023

Netzmeister 2023

Erscheinungsjahr: 2023

Für die Instandhaltung der Gas-, Wasser- und Fernwärmerohrnetze, die den mit Abstand größten Teil des Anlagevermögens von Versorgungsunternehmen ausmachen, trägt der Netzmeister die Verantwortung. Um den täglichen Anforderungen gerecht werden zu ...

Zum Produkt

Wasserstoff in der Praxis, Bd. 2: Gebäude- und Messtechnik

Wasserstoff in der Praxis, Bd. 2: Gebäude- und Messtechnik

Erscheinungsjahr: 2022

Das Buchreihe „Wasserstoff in der Praxis“ vermittelt Praktikern wichtige Informationen über den Stand der Technik und zukünftige Entwicklungen. Im 2. Band stehen die Themen „Gebäudetechnik“ und „Messtechnik“ im Fokus. Das ...

Zum Produkt

Wasserstoff in der Praxis, Bd. 1: Infrastruktur

Wasserstoff in der Praxis, Bd. 1: Infrastruktur

Erscheinungsjahr: 2021

Das Buchreihe „Wasserstoff in der Praxis“ vermittelt Praktikern wichtige Informationen über den Stand der Technik und zukünftige Entwicklungen. Im 1. Band werden die Herausforderungen dargestellt, die Wasserstoff an die Gasinfrastruktur und den ...

Zum Produkt