Der französische Technologiekonzern Schneider Electric und das in Deutschland ansässige Start-up Atmen gaben ihre Kooperation am 29. Januar 2025 im Rahmen der Hyvolution Paris bekannt. Das Ziel ist es, gemeinsam digitale Lösungen für Nachhaltigkeitszertifizierung und Rückverfolgbarkeit in Power-to-X-Lieferketten (PtX).
Die Kooperation verbindet Schneider Electrics digitale Plattformen mit Atmens Zertifizierungstechnologie. Dabei sollen insbesondere Cybersicherheit, Datenqualität und betriebliche Abläufe optimiert werden, hieß es in einer Pressemitteilung von Atmen. Die Software-Lösung richtet sich an Produzenten von Wasserstoff und E-Fuels.
Zertifikate für die H2-Produktion
Erst vor wenigen Tagen hatte Atmen eine Zusammenarbeit mit dem Wasserstoffhersteller Lhyfe verkündet. Dabei geht es um die Einführung eines digitalen Produktpasses, der die Herkunft des für die Wasserstoffproduktion verwendeten Stroms und den CO₂-Fußabdruck automatisiert dokumentiert. Die Implementierung startet an Lhyfes 2021 eröffneten Erst-Standort Bouin in Frankreich.
Die lückenlose Nachverfolgbarkeit von grünem Wasserstoff gilt als Schlüssel für den Markthochlauf. Seit Ende Dezember 2024 können H2-Produzenten ihre Produkte über drei von der EU-Kommission anerkannte Systeme – ISCC, CertifHy und REDcert – als erneuerbare Kraftstoffe nicht-biologischen Ursprungs (RFNBOs) zertifizieren lassen. Bis 2030 sollen 42,4 Prozent des industriell genutzten Wasserstoffs in Europa ein so klassifiziertes RFNBO sein.
Die RFNBO-Zertifizierung ist an mehrere EU-Kriterien geknüpft. Beispielsweise muss die Produktion mindestens 70 Prozent Treibhausgaseinsparung gegenüber fossilen Alternativen nachweisen. Zudem muss der verwendete Strom aus zusätzlich gebauten erneuerbaren Anlagen stammen und zeitlich wie räumlich mit der Wasserstoffproduktion korrelieren. Die EU sieht dabei einen gestuften Implementierungsprozess vor – das Additionalitätskriterium soll erst ab 2028 umfänglich greifen, die stündliche zeitliche Korrelation wird ab 2030 verpflichtend.
Digitale Zertifizierung
Diese Anforderungen stellen hohe technische Ansprüche an die Dokumentation. Die neue Partnerschaft von Schneider Electric und Atmen zielt darauf ab, die dafür notwendigen Prozesse zu automatisieren. “Wir vereinen Schneider Electrics Expertise in Energiemanagement und Industrieautomatisierung mit Atmens Spezialisierung auf Nachhaltigkeitsregulierung und grüne Zertifizierung”, erläutert Flore de Durfort, CEO von Atmen. Das Start-up hatte Anfang 2024 eine Millioneninvestition für die Weiterentwicklung seiner digitalen Zertifizierungstools erhalten.
Die technische Herausforderung liegt besonders in der Dokumentation der Stromversorgung. Die EU erlaubt dabei verschiedene Wege: Eine direkte Stromleitung von erneuerbaren Anlagen, den Netzbezug über Power Purchase Agreements (PPAs) oder – unter bestimmten Bedingungen wie einem sehr hohen Erneuerbaren-Anteil – auch regulären Netzbezug. “Die Integration unserer digitalen Plattformen ermöglicht es, diese komplexen Nachweisketten automatisiert und manipulationssicher zu dokumentieren”, erklärt Philippe Arsonneau von Schneider Electric. Das Unternehmen will durch die optimierte Überwachung dieser Prozesse die Wasserstoffkosten senken.
Relevanz für industrielle Transformation
Die Partnerschaft ist für Schneider Electric strategisch wichtig, da der Konzern als Anbieter von Energie- und Automatisierungslösungen stark in der industriellen Transformation zur Klimaneutralität engagiert ist. Ein Beispiel ist die Stahlindustrie: Hier ermöglicht erst der Einsatz von grünem Wasserstoff als Reduktionsmittel in Kombination mit Elektrolichtbogenöfen eine CO2-freie Produktion.
Das in über 100 Ländern tätige Unternehmen Schneider Electric liefert dafür nicht nur die digitalen Steuerungssysteme, sondern soll auch die effiziente Integration der Wasserstoff- und Stromversorgung unterstützen. Die neue Kooperation mit Atmen ergänzt dieses Portfolio nun um die notwendigen Zertifizierungswerkzeuge.
(Quelle: Atmen/2025)