Auf dem Rosenhof in Padenstedt bei Neumünster sollen künftig rund 120 Tonnen grüner Wasserstoff pro Jahr aus landwirtschaftlichen Reststoffen entstehen. Die geplante Wasserstoffanlage wäre nach Angaben des Unternehmens die weltweit erste ihrer Art in dieser Größenordnung. Wie die BtX energy GmbH am 8. April mitteilte, dient der Wasserstoff anschließend als Treibstoff für etwa 15 Lkw im Regelbetrieb sowie als Prozessgas für lokale Industriebetriebe.
Im Rahmen der Projektvorstellung unterzeichnete BtX auch eine Willensbekundung mit der Hypion GmbH. Diese hat als Betreiberin der nahegelegenen Wasserstofftankstelle in Neumünster ihr Interesse signalisiert, den erzeugten Wasserstoff dort für schwere LKW verfügbar zu machen.
Das Projekt zeigt, dass grüner Wasserstoff nicht zwangsläufig durch Elektrolyse hergestellt werden muss. Die Anlage setzt stattdessen auf das Prinzip der Dampfreformierung. Allerdings kommen hier statt Erdgas ausschließlich landwirtschaftliche Reststoffe wie Gülle und Mist als Ausgangsstoffe zum Einsatz.
BtX Energy kurz vor Marktreife
Im April 2024 hatte eine Pilotanlage mit derselben Technologie auf dem Lefkeshof in Krefeld als erster Biogasreformer Deutschlands die Zulassung für die Produktion von Wasserstoff aus biogenen Reststoffen erhalten. Diese Zertifizierung erlaubt auch den Handel mit Treibhausgas-Quoten (THG-Quoten). „Nach der technischen Demonstration und der Zertifizierung in Krefeld gilt es jetzt, dass wir den wirtschaftlichen Einsatz als grüner Treibstoff in relevanten Mengen unter Beweis stellen”, erklärte Dr.-Ing. Andy Gradel, Geschäftsführer der BtX Energy GmbH.
Sein Unternehmen steht nach eigenen Angaben nun vor der Markteinführung der neuen Technologie: Große Teile der technischen Anlagen sind bereits verfügbar. Zuvor hatte der Anlagenbauer aus dem fränkischen Hof es nicht nur in Krefeld, sondern auch in einem Forschungsprojekt mit der RWTH Aachen erprobt.
„Für eine rasche Realisierung wird aktuell mit der Landespolitik über Investitionszuschüsse verhandelt. Diese sind insbesondere vor dem Hintergrund gestrichener Bundesförderungen für Fahrzeuge und Unsicherheiten im THG-Quotenmarkt von großer Bedeutung”, so Gradel.
Positiver Klimaeffekt durch Vermeidung von Methanemissionen
Neben der Einsparung fossiler Brennstoffe soll die Technologie einen aktiven Beitrag zum Klimaschutz leisten. Da die Nutzung der Gülle und des Mists die Methanemissionen vermeidet, die bei der traditionellen Ausbringung entstehen würden, weist der erzeugte Wasserstoff laut BtX energy eine negative Treibhausgasbilanz auf. Die geplante Jahresproduktion von rund 120 Tonnen Wasserstoff entspricht nach Unternehmensangaben einer Einsparung von etwa 3.000 Tonnen CO₂. Langfristig ließe sich die Produktionskapazität sogar verdoppeln.
Der aus biogenen Reststoffen gewonnene Wasserstoff hat laut BtX einige Vorteile gegenüber Elektrolyse-Wasserstoff. Demnach könne er durch die negativen CO₂-Werte, die bei der Vermeidung von Methanemissionen entstehen, im Treibhausgas-Quotenhandel einen deutlichen wirtschaftlichen Mehrwert erzielen. Die Zulassung und der damit verbundene THG-Quotenhandel beruhen auf der im März 2024 novellierten 37. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (37. BImSchV). Diese definiert, wann erzeugter Wasserstoff als erneuerbar gilt.
Dr. Markus Hirschfeld, stellvertretender Abteilungsleiter im Ministerium für Energiewende, Klimaschutz, Umwelt und Natur, überbrachte beim Projektstart eine Botschaft von Staatssekretär Joschka Knuth: „Schleswig-Holstein wird bis 2040 das erste klimaneutrale Industrieland sein. Die Produktion und der Einsatz von Wasserstoff spielen dafür eine zentrale Rolle. Neben grünem Wasserstoff aus Elektrolyseuren, der aus Wind- und Sonnenenergie gewonnen wird, kann auch der Wasserstoff aus Biomasse dabei eine wichtige Rolle spielen. Die Anlage in Padenstedt kann Vorbild für andere Betriebe im Land sein.”
Idealer Standort mit Biogasanlage
Der Rosenhof bietet laut BtX energy optimale Voraussetzungen für das Vorhaben. Der Betrieb bewirtschaftet heute über 700 Hektar. Seit 2007 verfügt er über eine Biogasanlage mit hohem Reststoffeinsatz, die nun als Rohstofflieferant für die Wasserstoffproduktion dient.
Für die Produktion von biogenem Wasserstoff kommen laut den Zulassungsregeln nur Reststoffe in Frage, die nicht stofflich verarbeitet oder verfüttert werden können: Gülle, Mist, Bioabfall und Restholz aus Forstwirtschaft und Industrie. Diese Beschränkung stellt sicher, dass keine Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion entsteht.