Das H2-ready-Gaskraftwerk in Stuttgart-Münster verfügt laut einer Pressemeldung der EnBW vom 11. April über eine elektrische Leistung von 124 Megawatt (MW) und eine thermische Leistung von 370 MW.
Nach rund drei Jahren Planung und Genehmigung war Anfang April 2023 der Spatenstich erfolgt. Nach zwei Jahren Bauzeit verfügt der Standort nun über eine neue Gasturbinenanlage mit einer Leistung von zweimal 62 MW inklusive Abhitze- und Heißwasserkesseln. „Es bewegt sich etwas bei der Energietransformation. Die EnBW realisiert aktuell die Hälfte aller im Bau befindlichen Gaskraftwerke in Deutschland”, so Peter Heydecker, Vorstand Nachhaltige Erzeugungsinfrastruktur der EnBW.
„Damit machen wir allein durch den Wechsel von Kohle auf Erdgas die regelbare Erzeugung mit rund 60 Prozent weniger CO₂-Emissionen deutlich klimafreundlicher. Voraussichtlich ab Mitte der 2030er Jahre wollen wir den nächsten Schritt gehen und die Anlage nach einem zweiten Fuel Switch mit bis zu 100 Prozent CO₂-armem Wasserstoff betreiben, wenn dieser dann in ausreichendem Umfang zur Verfügung steht.”
Besonderheiten des Standorts
Der Standort Stuttgart-Münster ist im EnBW-Kraftwerkspark eine Besonderheit: Der Schwerpunkt der Anlage liegt auf der thermischen Verwertung von Abfällen, also der Müllverbrennung. Zur optimalen Brennstoffausnutzung werden dabei gleichzeitig Fernwärme und Strom nach dem Prinzip der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) erzeugt. Bisher lieferten drei Kohlekessel die zusätzlich benötigte Wärme, wenn im Winter die Müllverbrennungsanlage für die Fernwärmeversorgung nicht mehr ausreichte. Diese Kohlekessel werden durch das neue wasserstofffähige Gaskraftwerk ersetzt.
Gemeinsam mit der bestehenden Müllverbrennungsanlage hat der Gesamtstandort eine thermische Leistung von 450 MW. Seit April 2024 erzeugt zudem eine Großwärmepumpe bis zu 24 MW Fernwärme. Das Heizkraftwerk bildet zusammen mit den Standorten Stuttgart-Gaisburg und Altbach/Deizisau den Fernwärme-Verbund Mittlerer Neckar, der über 28.500 Wohnungen, 1.400 Firmen und 380 öffentliche Einrichtungen in Stuttgart und der Region mit Wärme versorgt.

v.l.n.r.: EnBW-Vorstandsmitglied Peter Heydecker, Dr.-Ing. Christian Bruch, Vorstand der Siemens Energy AG, Dr. Frank Nopper, Oberbürgermeister der Stadt Stuttgart, Dr. Andre Baumann, Staatssekretär im Umweltministerium Baden-Württemberg und Dr. Georg Stamatelopoulos, Vorstandsvorsitzender der EnBW (Quelle: EnbW/Fotograf: Uli Deck)
Forderung nach Gesetzesrahmen für weitere Investitionen
Während die EnBW mit der Inbetriebnahme voranschreitet, fordert das Unternehmen von der Politik einen gesetzlichen Rahmen für weitere Investitionen. Georg Stamatelopoulos, Vorstandsvorsitzender der EnBW, betonte: „Allein durch die Stromerlöse aus den wenigen erwarteten Betriebsstunden sind die benötigten Kraftwerke für Versorgungssicherheit und Netzstabilität nicht finanzierbar. Daher ist es notwendig, dass die Bundesregierung mit Priorität einen entsprechenden marktlichen Anreizrahmen für weitere Investitionen schafft.”
Das sogenannte H₂-ready Fuel Switch-Kraftwerk soll auch als flexible Anlage bei Schwankungen im Stromnetz einspringen. Damit würde sie zum Beispiel dann aktiv, wenn wetterbedingt nicht ausreichend regenerativ erzeugter Strom verfügbar ist. Mit seiner kurzen Anfahrzeit kann es unmittelbar auf solche Schwankungen reagieren. Damit leistet es nach Unternehmensangaben einen wichtigen Beitrag zur Versorgungssicherheit im Süden Deutschlands.
Teil von umfassenden Modernisierungsprogramm
Das Projekt ist Teil eines größeren Vorhabens. Die EnBW baut aktuell auch die bislang kohlebefeuerten Standorte in Altbach/Deizisau und Heilbronn auf wasserstofffähige Gaskraftwerke um. Alle drei Projekte haben eine Gesamtkapazität von rund 1,5 Gigawatt. Das Gesamtinvestitionsvolumen liegt bei etwa 1,6 Milliarden Euro. Im Mai 2024 hatte der Energieversorger beschlossen, insgesamt bis zu 30 Milliarden Euro in eine Modernisierung seines Bestand zu investieren.
Nach einem kurzen Parallelbetrieb will er den Kohleblock sowie die alten, heizölbetriebenen Gasturbinen am Standort Stuttgart-Münster im Frühjahr 2026 vollständig stilllegen. Dieser Schritt soll auch die Klimaschutzbemühungen der Stadt Stuttgart unterstützen. Bis 2035 möchte die Landeshauptstadt vollständig klimaneutral sein.
Stuttgarts Oberbürgermeister Frank Nopper lobte die Vorreiterrolle seiner Stadt: „Es ist großartig, dass Stuttgart in diesem Bereich vorne liegt: In Stuttgart wird heute das erste Fuel-Switch-Kraftwerk der EnBW in Betrieb genommen. Und Stuttgart wird zur ersten oder zumindest zu einer der ersten kohlefreien Städte in Deutschland.”