Generic filters
Exact matches only
FS Logoi

Europäischer Gashandel sollte reformiert werden

Auf politischer Ebene wird seit einiger Zeit darüber nachgedacht, wie der als Zukunftsenergie angesehene Wasserstoff innerhalb der Europäischen Union transportiert werden könnte. Als eine Option wird die Nutzung bestehender Erdgasnetze diskutiert. Dabei steht bereits der Transport von Erdgas durch europäische Netze vor einem massiven hausgemachten Hindernis. Eine Forschungsgruppe der Universitäten Trier und Brüssel hat die […]

von | 04.10.21

Auf politischer Ebene wird seit einiger Zeit darüber nachgedacht, wie der als Zukunftsenergie angesehene Wasserstoff innerhalb der Europäischen Union transportiert werden könnte. Als eine Option wird die Nutzung bestehender Erdgasnetze diskutiert. Dabei steht bereits der Transport von Erdgas durch europäische Netze vor einem massiven hausgemachten Hindernis. Eine Forschungsgruppe der Universitäten Trier und Brüssel hat die Problematik aus mathematischer Perspektive untersucht. Nach ihren Erkenntnissen stellt die Gastransport-Praxis ein Problem dar, das in eine mathematische Komplexitätsklasse mit geringer Aussicht auf praktische Lösbarkeit einzuordnen ist.
„Das aktuelle System des Gashandels und Transports ist kaum beherrschbar, man sollte sich etwas Neues überlegen“, empfiehlt der Trierer Professor Martin Schmidt, der das Paper gemeinsam mit Martine Labbé und Fränk Plein von der Universität Brüssel verfasst hat.
Seinen Ursprung hat das Problem in der Liberalisierung des europäischen Gasmarktes. Der Gashandel sollte durch flexiblere Transportmöglichkeiten und vielfältige Zugänge zu den Gasnetzen belebt werden. Käufer und Verkäufer erhielten im Zug der Neuregelung Zugriff auf eine Vielzahl von Knotenpunkten des europäischen Netzes.

Kapazitäten des Gasnetzes werden nicht ausgeschöpft

Die Betreiber der Gasnetze wurden dazu verpflichtet, für den Tageshandel eine höchstmögliche Transportkapazität für jeden Einspeise- und Entnahmepunkt zu ermitteln und zu veröffentlichen. Käufer und Verkäufer können bis zu dieser Maximalgrenze Kapazitäten buchen. Diese gebuchten Kapazitäten stellen dann die obere Grenze dafür dar, was jeden Tag an den entsprechenden Netzknoten gehandelt und damit in die Netze ein- oder ausgespeist werden darf. Die Netzbetreiber müssen bei der Ausweisung der maximalen Kapazitäten garantieren, dass alle auf Basis der Buchungen möglichen tatsächlichen Ein- und Ausspeisungen, sogenannte Nominierungen, technisch realisiert werden können. In der Praxis ergibt sich aus dieser Konstellation täglich eine unendliche Menge an Nominierungsoptionen, die von den Transporteuren aus mathematischer Sicht nicht zu bewältigen sind. Als Folge werden die Kapazitäten der Gasnetze nicht voll ausgeschöpft.

Ist das Problem mathematisch lösbar?

Martin Schmidt, Martine Labbé und Fränk Plein haben sich in ihren wissenschaftlichen Untersuchungen mit der Frage auseinandergesetzt, ob dieses Problem mathematisch lösbar ist. Sie stellten fest, dass aufgrund der hohen mathematischen Komplexität eine Gesamtlösung annähernd ausgeschlossen erscheint. In einem weiteren Schritt betrachteten sie Teilstrukturen des Problems und entwickelten Algorithmen für die als mathematisch beherrschbar identifizierten Teilprobleme. Mithilfe dieser Algorithmen können Gastransporteure innerhalb dieser Teilbereiche ermitteln, ob an den Knotenpunkten bestimmte Buchungsmengen ausgewiesen werden können oder nicht.
„Unsere Forschung stellt infrage, ob das aktuelle europäische System für einen optimalen Gastransport geeignet ist. Da es nach unseren Ergebnissen nur äußerst schwer beherrschbar ist, empfehlen wir eine Neuregelung, die vor dem Hintergrund der Überlegungen zum Transport von Wasserstoff durch Gasnetze an Brisanz gewinnt“, fasst Professor Martin Schmidt von der Universität Trier das Ergebnis der Studie zusammen.
Das von ihm, Martine Labbé und Fränk Plein verfasste Paper wurde vom Fachjournal „Optimization and Engineering“ mit dem Howard-Rosenbrock-Preis für die beste 2020 veröffentlichte Arbeit ausgezeichnet. Die Jury würdigte die wissenschaftliche Arbeit als ein „hervorragendes Beispiel für die Erforschung eines wichtigen und komplexen technischen Problems durch neue theoretische Erkenntnisse und neuartige Optimierungstechniken sowie aufschlussreiche Erweiterungen hochentwickelter Lösungsalgorithmen.“
Die Studie: Martine Labbé, Fränk Plein, Martin Schmidt: Bookings in the European gas market: Characterization of feasibility and computational complexity results. Optimization and Engineering 2020.
 

Auf politischer Ebene wird seit einiger Zeit darüber nachgedacht, wie der als Zukunftsenergie angesehene Wasserstoff innerhalb der Europäischen Union transportiert werden könnte. Als eine Option wird die Nutzung bestehender Erdgasnetze diskutiert. Dabei steht bereits der Transport von Erdgas durch europäische Netze vor einem massiven hausgemachten Hindernis. Eine Forschungsgruppe der Universitäten Trier und Brüssel hat die Problematik aus mathematischer Perspektive untersucht. Nach ihren Erkenntnissen stellt die Gastransport-Praxis ein Problem dar, das in eine mathematische Komplexitätsklasse mit geringer Aussicht auf praktische Lösbarkeit einzuordnen ist.

„Das aktuelle System des Gashandels und Transports ist kaum beherrschbar, man sollte sich etwas Neues überlegen“, empfiehlt der Trierer Professor Martin Schmidt, der das Paper gemeinsam mit Martine Labbé und Fränk Plein von der Universität Brüssel verfasst hat.

Seinen Ursprung hat das Problem in der Liberalisierung des europäischen Gasmarktes. Der Gashandel sollte durch flexiblere Transportmöglichkeiten und vielfältige Zugänge zu den Gasnetzen belebt werden. Käufer und Verkäufer erhielten im Zug der Neuregelung Zugriff auf eine Vielzahl von Knotenpunkten des europäischen Netzes.

Kapazitäten des Gasnetzes werden nicht ausgeschöpft

Die Betreiber der Gasnetze wurden dazu verpflichtet, für den Tageshandel eine höchstmögliche Transportkapazität für jeden Einspeise- und Entnahmepunkt zu ermitteln und zu veröffentlichen. Käufer und Verkäufer können bis zu dieser Maximalgrenze Kapazitäten buchen. Diese gebuchten Kapazitäten stellen dann die obere Grenze dafür dar, was jeden Tag an den entsprechenden Netzknoten gehandelt und damit in die Netze ein- oder ausgespeist werden darf. Die Netzbetreiber müssen bei der Ausweisung der maximalen Kapazitäten garantieren, dass alle auf Basis der Buchungen möglichen tatsächlichen Ein- und Ausspeisungen, sogenannte Nominierungen, technisch realisiert werden können. In der Praxis ergibt sich aus dieser Konstellation täglich eine unendliche Menge an Nominierungsoptionen, die von den Transporteuren aus mathematischer Sicht nicht zu bewältigen sind. Als Folge werden die Kapazitäten der Gasnetze nicht voll ausgeschöpft.

Ist das Problem mathematisch lösbar?

Martin Schmidt, Martine Labbé und Fränk Plein haben sich in ihren wissenschaftlichen Untersuchungen mit der Frage auseinandergesetzt, ob dieses Problem mathematisch lösbar ist. Sie stellten fest, dass aufgrund der hohen mathematischen Komplexität eine Gesamtlösung annähernd ausgeschlossen erscheint. In einem weiteren Schritt betrachteten sie Teilstrukturen des Problems und entwickelten Algorithmen für die als mathematisch beherrschbar identifizierten Teilprobleme. Mithilfe dieser Algorithmen können Gastransporteure innerhalb dieser Teilbereiche ermitteln, ob an den Knotenpunkten bestimmte Buchungsmengen ausgewiesen werden können oder nicht.

„Unsere Forschung stellt infrage, ob das aktuelle europäische System für einen optimalen Gastransport geeignet ist. Da es nach unseren Ergebnissen nur äußerst schwer beherrschbar ist, empfehlen wir eine Neuregelung, die vor dem Hintergrund der Überlegungen zum Transport von Wasserstoff durch Gasnetze an Brisanz gewinnt“, fasst Professor Martin Schmidt von der Universität Trier das Ergebnis der Studie zusammen.

Das von ihm, Martine Labbé und Fränk Plein verfasste Paper wurde vom Fachjournal „Optimization and Engineering“ mit dem Howard-Rosenbrock-Preis für die beste 2020 veröffentlichte Arbeit ausgezeichnet. Die Jury würdigte die wissenschaftliche Arbeit als ein „hervorragendes Beispiel für die Erforschung eines wichtigen und komplexen technischen Problems durch neue theoretische Erkenntnisse und neuartige Optimierungstechniken sowie aufschlussreiche Erweiterungen hochentwickelter Lösungsalgorithmen.“

Die Studie: Martine Labbé, Fränk Plein, Martin Schmidt: Bookings in the European gas market: Characterization of feasibility and computational complexity results. Optimization and Engineering 2020.

 

Bildquelle, falls nicht im Bild oben angegeben:

Adobe Stock/Maksym Yemelyanov

Jetzt Newsletter abonnieren

Brennstoff für Ihr Wissen, jede Woche in Ihrem Postfach.

Hier anmelden

H2-Projekte in Ihrer Region

Mehr als 300 Wasserstoff-Projekte in Deutschland und Europa

Hier geht's zur interaktiven Karte

Wasserstoff für Thüringen – Netzbetreiber stellen aktuellen Stand vor
Wasserstoff für Thüringen – Netzbetreiber stellen aktuellen Stand vor

Bereits im März 2024 haben die Netzbetreiber Ferngas, GASCADE und TEN eine Grundsatzvereinbarung über die Umstellung des Thüringer Erdgasnetzes auf Wasserstoff geschlossen. Im Rahmen der gemeinsamen Veranstaltung „Wasserstoff für Thüringen“ präsentieren sie nun Fortschritte und Ziele für eine zukunftsfähige Energieversorgung auf Basis von Wasserstoff.

mehr lesen

H2 Talk

H2-Filter: „Es darf nur noch 1 aus einer Milliarde Moleküle vorhanden sein”
„Wir stehen vor einer dreifachen Transformation”
„Oberflächennahe Wasserstoffleitungen kombinieren Transparenz und Sicherheit”

Publikationen

Netzmeister 2023

Netzmeister 2023

Erscheinungsjahr: 2023

Für die Instandhaltung der Gas-, Wasser- und Fernwärmerohrnetze, die den mit Abstand größten Teil des Anlagevermögens von Versorgungsunternehmen ausmachen, trägt der Netzmeister die Verantwortung. Um den täglichen Anforderungen gerecht werden zu ...

Zum Produkt

Wasserstoff in der Praxis, Bd. 2: Gebäude- und Messtechnik

Wasserstoff in der Praxis, Bd. 2: Gebäude- und Messtechnik

Erscheinungsjahr: 2022

Das Buchreihe „Wasserstoff in der Praxis“ vermittelt Praktikern wichtige Informationen über den Stand der Technik und zukünftige Entwicklungen. Im 2. Band stehen die Themen „Gebäudetechnik“ und „Messtechnik“ im Fokus. Das ...

Zum Produkt

Wasserstoff in der Praxis, Bd. 1: Infrastruktur

Wasserstoff in der Praxis, Bd. 1: Infrastruktur

Erscheinungsjahr: 2021

Das Buchreihe „Wasserstoff in der Praxis“ vermittelt Praktikern wichtige Informationen über den Stand der Technik und zukünftige Entwicklungen. Im 1. Band werden die Herausforderungen dargestellt, die Wasserstoff an die Gasinfrastruktur und den ...

Zum Produkt