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Wie Öl-Raffinerien durch grünen Wasserstoff nachhaltig werden

Wie ein zukunftssicheres Produktportfolio des Raffineriestandortes Schwedt aussehen könnte, stellen drei Fraunhofer-Institute in Kooperation mit anderen Forschungseinrichtungen aus dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Leitprojekt TransHyDE vor.

von | 24.11.22

24. November 2022 | Wie ein zukunftssicheres Produktportfolio des Raffineriestandortes Schwedt aussehen könnte, stellen drei Fraunhofer-Institute in Kooperation mit anderen Forschungseinrichtungen aus dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Leitprojekt TransHyDE vor.

Dem Raffineriestandort Schwedt kommt eine wichtige Rolle als Arbeitgeber und Kraftstofflieferant für Ostdeutschland zu. Durch das kommende Ölembargo steht die Raffinerie aktuell vor großen logistischen Herausforderungen.

Im Zuge der deutschen Klimaziele stellt sich zudem die Frage, ob und wie sich Raffineriestandorte wie Schwedt für eine klimaneutrale Zukunft in einem schrumpfenden Kraftstoffmarkt rüsten können.

Im jetzt veröffentlichten Policy Paper betrachten die Projektpartner, wie sich das heute eingesetzte Rohöl durch Alternativen ersetzen lässt, um Kraftstoffe und Plattformchemikalien künftig klimaneutral in Schwedt zu erzeugen.

Till Mansmann, Innovationsbeauftragter Grüner Wasserstoff des BMBF, erklärt anlässlich der Veröffentlichung der Studie:

„Der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine hat unsere Abhängigkeit von russischen Energielieferungen deutlich gemacht. Deshalb müssen wir unsere Energieversorgung diversifizieren und fossile Energien schnellstmöglich durch neue, zukunftssichere Energieträger ersetzen.

 

Grüner Wasserstoff ist die große Chance, Energiesicherheit, Klimaneutralität und Wettbewerbsfähigkeit zu verbinden. Das Policy Paper aus unserem Wasserstoff-Leitprojekt TransHyDE zeigt, wie ein nachhaltiges Geschäftsmodell für die Raffinerie Schwedt auf der Basis von Grünem Wasserstoff aussehen kann. So lässt sich die Zukunft dieses wichtigen Industriestandorts und der damit verbundenen Arbeitsplätze nachhaltig sichern.”

„Deutschland kann auch in Zukunft ein Raffineriestandort bleiben — jedoch nur klimaneutral”, unterstreichen Natalia Pieton vom Fraunhofer IEG und Marius Neuwirth vom Fraunhofer ISI, die Erstautoren der Studie.

„Im Rahmen der Energiewende müssen wir als Gesellschaft daher schon jetzt klimaneutrale Konzepte zur Sicherung von Rohstoffversorgung und Infrastrukturen erstellen und die Basis für neue Wertschöpfung schaffen.”

Das Policy Paper können Sie hier herunterladen.

Standorterhalt bei klimaneutraler Ausrichtung

Die Raffinerie Schwedt befasst sich aufgrund des Angriffskriegs Russlands auf die Ukraine und damit verbundenen versiegenden Ölimporten aus Russland intensiv mit der Absicherung der kurzfristigen Rohölversorgung aus anderen Ländern. Der Industriestandort ist speziell für Ostdeutschland als Kraftstofflieferant der Region ein unverzichtbarer Verbund.

Mit dem Ziel der Bundesregierung, in Deutschland bis 2045 Klimaneutralität zu erreichen und gleichzeitig strukturschwache Regionen zu stärken, ist es wichtig, den Raffineriestandort zu erhalten und klimaneutral auszurichten. Bislang ist jedoch unklar, ob und wie der Raffineriestandort für eine klimaneutrale Zukunft umstrukturiert werden kann.

Mit dieser Frage haben sich nun die Fraunhofer-Einrichtung für Energieinfrastrukturen und Geothermie IEG, das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI und das Fraunhofer-Institut für Keramische  Technologien und Systeme IKTS im Rahmen der BMBF-geförderten Technologieplattform TransHyDE auseinandergesetzt und wurden dabei unterstützt durch die DECHEMA Gesellschaft für Chemische Technik und Biotechnologie e.V. sowie dem Max-Planck-Institut für chemische Energiekonversion.

Zusammen hat der Forschungsverbund wesentliche Konzeptideen erarbeitet, um eine mittel- und langfristige klimaneutrale Rohstoffversorgung für ein mögliches zukünftiges Produktportfolio am Raffineriestandort Schwedt zu sichern.

Blick in die grüne Zukunft

Der Weg in ein klimaneutrales Deutschland bedarf einer großflächigen Elektrifizierung, sodass einige der heutigen Raffinerieprodukte – wie Kraftstoffe im Straßenverkehr sowie Heizöle im Gebäudewärmebereich – in 2045 keine relevante Anwendung finden werden.

Langfristig ist für die Erzeugung von klimaneutralen Kraftstoffen – insbesondere Flugkerosin und Schiffsdiesel – ein Aufbau der alternativen Technologiepfade Fischer-Tropsch (FT) oder Methanol-to-Synfuels (MtSynfuels) und ggf. ergänzend Methanol-to-Olefins (MtO) für die Erzeugung von Plattformchemikalien erforderlich. Ausgangsbasis dazu könnten klimaneutraler Wasserstoff und CO2 als Rohstoffe sein. Aber auch der Import von synthetischem Rohöl (Fischer-Tropsch-Crude) oder Methanol wäre eine Option.

Die Analysen haben gezeigt, dass für die Raffinerie Schwedt verschiedene Optionen bestehen, um als wichtiger Industriestandort in Brandenburg auch künftig erhalten zu bleiben und dabei einen bedeutenden Beitrag zum Gelingen der Energiewende zu leisten.

Einen wesentlichen ersten Schritt zur Emissionsminderung stellt der Aufbau von Elektrolysekapazitäten dar, um zunächst das heute eingesetzte Erdgas zur Wasserstofferzeugung als Betriebsmittel bei der Rohölveredlung zu ersetzen.

Modellcharakter für andere Strukturwandelregionen

Im zweiten zeitnahen Schritt sollte ein Hochlauf der FT- oder MtSynfuels-Technologien erfolgen, um bis 2045 ein zu 100% klimaneutrales Produktspektrum abzudecken. Bei Betrachtung der regionalen Nachfrage nach synthetischen Kraftstoffen, würde sich die Kapazität der klimaneutralen Raffinerie deutlich verringern (nach den aktuellen Studien wird mit etwa 20 Prozent der aktuellen Kapazität gerechnet).

Die strategisch gute Infrastrukturanbindung erlaubt eine sichere und flexible Rohstoffversorgung. Ein Ausbau der erneuerbaren Energien könnte in Kombination mit einer angepassten CO2-Infrastruktur zu einer langfristigen Wertschöpfung in der Region beitragen und zukunftsfähige Arbeitsplätze schaffen. Damit könnte der Standort einen Modellcharakter für andere Strukturwandelregionen besitzen.

Diese Entwicklung sollte durch einen Dialogprozess mit den regionalen Akteuren begleitet werden, damit auch weitere Nutzungsoptionen für grüne Produkte berücksichtigt und insbesondere auch neue Start-Ups und Industrieansiedlungen gefördert werden.

 

(Fraunhofer IEG/2022)

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