22. Februar 2024 | Eine Straßenbahn ohne Oberleitung dank Wasserstoff: In Chemnitz ist das Forschungsprojekt „HyTraGen“ (Hydrogen-Tram for next Generation) gestartet. Beteiligt ist neben der Hörmann Vehicle Engineering GmbH die Technische Universität Chemnitz (TUC). Bis Ende 2026 will das Konsortium in Görlitz Europas erste Straßenbahn mit Wasserstoff-Brennstoffzellenantrieb in Betrieb nehmen. Das Projekt erhält Fördermittel in Höhe von rund 8 Mio. Euro, von denen 1,2 Mio. Euro an die TUC gehen, so die Hochschule am Donnerstag (22. Februar).
Zu den weiteren Projektpartnern gehören der Straßenbahn-Hersteller Heiterblick GmbH aus Leipzig sowie die Flexiva Automation & Robotik GmbH aus Amtsberg im Erzgebirge. Die Erprobung auf der Schiene soll bis 2026 in Kooperation mit den Görlitzer Verkehrsbetrieben (GVB) erfolgen. Die Fördermittel für „HyTraGen“ stammen vom Bundesministerium für Verkehr und Digitales innerhalb des „Nationalen Innovationsprogramms Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie Phase 2“.
Das Forschungsteam der Professur Alternative Fahrzeugantriebe werde sich in den nächsten drei Jahren auf „die Erarbeitung einer Betankungsstrategie“ sowie die Entwicklung von Simulationsmodellen zur Alterung des Antriebsstranges konzentrieren. Ein weiterer Forschungsschwerpunkt liege auf der Vermessung des Brennstoffzellensystems vor der Integration in die Straßenbahn, so Projektleiter Erik Pohl, Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Professur Alternative Fahrzeugantriebe.
Mit den Projektergebnissen wolle das sächsische Konsortium die Grundlage für die Herstellung neuer Schienenfahrzeuge im Freistaat legen. Sowohl mithilfe der Fahrzeuge als auch durch deren Systemkomponenten lasse sich Wertschöpfung generieren, da die Projektergebnisse für weitere Schienenfahrzeugtypen wie Tram-Trains nutzbar seien. Auch für das Infrastrukturprojekt „Chemnitzer Modell“ könne der Ansatz einer wasserstoffbetriebenen Straßenbahn von Interesse sein. Ende Januar forderte ein lokales Bündnis den Anschluss der Stadt an das Wasserstoff-Kernnetz, seit 2022 entsteht hier ein Wasserstoff-Forschungszentrum.
Straßenbahn ohne Oberleitung
Antriebe auf Wasserstoffbasis dürften ein „fester Bestandteil neuer Fahrzeugentwicklungen“ werden, so Dr. Volkmar Vogel, Senior Vice President bei Hörmann Vehicle Engineering aus Chemnitz. In Asien seien solche Fahrzeuge bereits im Einsatz. Dort habe das Unternehmen die Idee für eine oberleitungsfreie Straßenbahn mit Wasserstoff- und Brennstoffzellenantrieb 2019 entwickelt.
Die Wasserstoff-Straßenbahn solle nicht in direkter Konkurrenz zu bestehenden Oberleitungsbahnen stehen. Vielmehr stelle sie eine Alternative für Strecken dar, auf denen Oberleitungen „nicht notwendig oder sinnvoll“ seien. Neue Stadtteile ließen sich so einfacher und mit geringeren Infrastrukturkosten erschließen.
So erklärt Prof. Dr. Thomas von Unwerth, Inhaber der Professur Alternative Fahrzeugantriebe der TUC, „Wasserstoff kann seine Vorteile in Zukunft vor allem dort ausspielen, wo große Massen über lange Strecken transportiert werden, also insbesondere im Schwerlast-, Güter- und Personenverkehr“. Neben Wasserstofftankstellen brauche es dafür auch eine leichte Bauweise. Die Straßenbahnen dürften „nicht schwerer sein als konventionelle Straßenbahnen“, das „Mehrgewicht der Wasserstofftanks“ müsse das Forschungsteam also an anderer Stelle kompensieren.