Generic filters
Exact matches only
FS Logoi

Chancen und Herausforderungen des Wasserstoff-Imports

Da für eine grüne Wasserstoffproduktion in Deutschland und der EU nicht ausreichend günstiger erneuerbarer Strom zur Verfügung steht, wird derzeit der Import von nachhaltig produziertem grünen Wasserstoff und Syntheseprodukten diskutiert. Länder mit günstigen klimatischen Bedingungen könnten diese Produkte kostengünstig auf Basis erneuerbarer Stromproduktion herstellen und nach Deutschland oder in andere Länder exportieren. Deutschland bliebe damit […]

von | 19.03.21

© malp - stock.adobe.com
© malp - stock.adobe.com
Norwegen

Da für eine grüne Wasserstoffproduktion in Deutschland und der EU nicht ausreichend günstiger erneuerbarer Strom zur Verfügung steht, wird derzeit der Import von nachhaltig produziertem grünen Wasserstoff und Syntheseprodukten diskutiert. Länder mit günstigen klimatischen Bedingungen könnten diese Produkte kostengünstig auf Basis erneuerbarer Stromproduktion herstellen und nach Deutschland oder in andere Länder exportieren. Deutschland bliebe damit auch in Zukunft ein großer Energieimporteur, was weitreichende Konsequenzen nach sich zieht, die frühzeitig reflektiert werden sollten.

Vor diesem Hintergrund veröffentlicht das Fraunhofer ISI den neuen Policy Brief »Chancen und Herausforderungen beim Import von grünem Wasserstoff und Syntheseprodukten«. Dessen Ziel ist es, deutlich über die bisher diskutierten techno-ökonomischen Fragen eines künftigen Wasserstoffimportes hinauszublicken und die Thematik aus allen möglichen Blickwinkeln zu diskutieren. Die Themen Klimaneutralität und Nachhaltigkeit, die technischen und ökonomischen Potenziale, aber auch Kapitalverfügbarkeit, Governance und lokale Auswirkungen werden dabei behandelt.

So beleuchtet der Policy Brief, dass grüner Wasserstoff stofflich in der Stahlerzeugung, in Raffinerieprozessen, in der Grundstoffchemie oder energetisch zur Prozesswärmeerzeugung in verschiedenen Industrieanwendungen wie der Glas- oder Papierindustrie einsetzen lässt, um CO2-neutral zu produzieren. Schwieriger gestaltet sich der Wasserstoffeinsatz derzeit bei Anwendungen mit hohen Energiedichten wie im internationalen Flug- oder Seeverkehr. Hier ist man auf Syntheseprodukte von Wasserstoff für eine Treibhausgasminderung angewiesen. Allerdings benötigt man hierfür weitere Umwandlungsschritte sowie CO2 und ist bei den Anwendungen auf Verbrennungsprozesse angewiesen, was zu weiteren Effizienzverlusten und Kosten führt.

Viel Potenzial, aber auch einige Herausforderungen

Neben Fragen zur Treibhausgasminderung skizziert der Policy Brief zudem Eckpunkte eines zukünftigen Marktes für den Wasserstoffimport in Deutschland und Europa, der zwischen 100 und 700 Milliarden Euro pro Jahr liegen dürfte. Die Spannbreite kommt dadurch zustande, dass noch Unklarheit bezüglich der möglichen Anwendungsbereiche des Wasserstoffs und der daraus abgeleiteten Energieträger besteht. Ein Import gilt aber als notwendig, weil die Potenziale für erneuerbare Energien in Deutschland und der EU aufgrund der Verfügbarkeit, der Wirtschaftlichkeit und der Akzeptanz sehr wahrscheinlich nicht ausreichen, um den künftigen Wasserstoffbedarf kosteneffizient zu decken.

Neben vielen Potenzialen bringt der Wasserstoffimport auch Herausforderungen mit sich. So gilt es zunächst entsprechende Produktions- und Transportkapazitäten aufzubauen, die zeit- und kapitalintensiv sind. Um mögliche neue Importrisiken gering zu halten, sollten langfristige partnerschaftliche Beziehungen zu demokratisch, politisch und wirtschaftlich stabilen Produktionsländern aufgebaut werden. Dabei ist es auch wichtig, Nachhaltigkeitskriterien zu entwickeln und anzuwenden, damit diese Länder ihre eigenen energie- und klimapolitischen Ziele erreichen können. Maßnahmen wie Investitionsförderinstrumente oder eine gesicherte Wasserstoffnachfrage können dabei helfen, für die Exportländer attraktive Marktbedingungen für die Wasserstoffproduktion und den Transport zu schaffen. Und nicht zuletzt sind entstehende Arbeitsplätze in den Produktionsländern und der Ausbau lokaler Wertschöpfung zentrale Treiber für den Aufbau einer global vernetzten Wasserstoffwirtschaft.

Besonders wichtig ist es, die Wasserstoffwirtschaft in die generelle Governance der Transformation des Energiesystems einzubinden. Hieraus ergibt sich ein hierarchisches »Energy-Efficiency-First«-Prinzip, welches der Reduzierung der Energienachfrage, der Dekarboniserung des Stromsektors mit Erneuerbaren sowie deren direkter Nutzung Vorrang einräumt vor der Entwicklung der Wasserstoffwirtschaft. Auswirkungen der Umwandlungsverluste bei der Wasserstofferzeugung lassen sich dadurch begrenzen.

Technologiesouveränität bei Wasserstoff

Aus Sicht der importierenden Länder geht der Policy Brief zudem auf Fragen der Technologiesouveränität bei Wasserstofftechnologien ein und bewertet sie. Für Deutschland und Europa scheint dabei eine Gefährdung eher hinsichtlich der Verlässlichkeit der Exportländer von grünem Wasserstoff gegeben als bezüglich des Zugangs zu bestehenden Technologien. Umgekehrt liegen aus Sicht vieler Exportländer sowohl das verfügbare Technologiewissen als auch die Hersteller der Technologien im Ausland, weshalb es eine Erweiterung des Konzeptes der Technologiesouveränität um die Perspektive der Entwicklungsländer braucht.

Prof. Dr. Martin Wietschel, der am Fraunhofer ISI das Competence Center Energietechnologien und Energiesysteme leitet und alle Forschungsarbeiten rund um das Thema Wasserstoff koordiniert, bilanziert abschließend: “Der Import von grünem Wasserstoff wird in seiner Komplexität aktuell noch zu wenig verstanden und die Herausforderungen sowie die künftig noch zu lösenden Aufgaben deshalb teilweise unterschätzt. Daher sollte ein möglicher Wasserstoff-Import und dessen Konsequenzen umfassend analysiert werden, wozu unser Policy Brief einen Beitrag leisten möchte.”

 

(Quelle: Fraunhofer ISI)

Bildquelle, falls nicht im Bild oben angegeben:

Jetzt Newsletter abonnieren

Brennstoff für Ihr Wissen, jede Woche in Ihrem Postfach.

Hier anmelden

H2-Projekte in Ihrer Region

Mehr als 300 Wasserstoff-Projekte in Deutschland und Europa

Hier geht's zur interaktiven Karte

Essen (Oldenburg): Wasserstoff-Start-up nimmt Pilotanlage in Betrieb
Essen (Oldenburg): Wasserstoff-Start-up nimmt Pilotanlage in Betrieb

Das 2022 gegründete Start-up schrand.energy hat seine Wasserstoff-Pilotanlage in Essen (Oldenburg) in Betrieb genommen. Damit sei nun erstmals die ganzjährige Versorgung lokaler Industrieunernehmen mit erneuerbarer Energie möglich. Auf Basis der gewonnenen Erkenntnisse plant das Unternehmen den Bau weiterer Anlagen für Industrie, Gewerbe und Landwirtschaft.

mehr lesen
„Deutschland liegt bei Wasserstoff-Patenten sehr weit vorne”
„Deutschland liegt bei Wasserstoff-Patenten sehr weit vorne”

Im Interview mit H₂News spricht Patentanwältin Dr. Eva Bock über das Patentrecht und gibt Einblicke in die spannenden Innovationen im Wasserstoffsektor. Zudem erklärt sie, warum die Patentierung im H₂-Sektor besondere Herausforderungen birgt, wie Deutschland im internationalen Wettbewerb steht und weshalb sie aktuell optimistisch in die Zukunft blickt.

mehr lesen
Kooperation startet Serienproduktion von Elektrolyse-Stacks
Kooperation startet Serienproduktion von Elektrolyse-Stacks

Ecoclean und das Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) haben ihre Kooperation erweitert. Nach der Entwicklung des EcoLyzer-Systems wollen die beiden Partner nun eine wirtschaftliche Serienproduktion für Elektrolyse-Stacks mit hohem Wirkungsgrad etablieren. Diese bilden das Herzstück der alkalischen Druckelektrolyse-Anlage und bestimmen die Effizienz der gesamten Wasserstofferzeugung maßgeblich.

mehr lesen

H2 Talk

Klaue

Publikationen

Datenschutz
h2-news.de, Inhaber: Vulkan-Verlag GmbH (Firmensitz: Deutschland), würde gerne mit externen Diensten personenbezogene Daten verarbeiten. Dies ist für die Nutzung der Website nicht notwendig, ermöglicht aber eine noch engere Interaktion mit Ihnen. Falls gewünscht, treffen Sie bitte eine Auswahl:
Datenschutz
h2-news.de, Inhaber: Vulkan-Verlag GmbH (Firmensitz: Deutschland), würde gerne mit externen Diensten personenbezogene Daten verarbeiten. Dies ist für die Nutzung der Website nicht notwendig, ermöglicht aber eine noch engere Interaktion mit Ihnen. Falls gewünscht, treffen Sie bitte eine Auswahl: