Die Erzeugung von grünem Wasserstoff durch Wasserelektrolyse hat in den letzten Jahren enorm an Interesse gewonnen, und in der Elektrolysebranche werden erhebliche Anstrengungen unternommen, um Zellen und Stacks zu vergrößern und die Produktionskapazitäten deutlich zu erhöhen. Parallel dazu ist die aktuelle Diskussion über die Kosten von Elektrolyseanlagen von widersprüchlichen Aussagen mit einer großen Bandbreite an Preisprognosen geprägt, was eine verlässliche Bewertung von Elektrolyseuren erschwert. Um in dieser Diskussion um die Investitionskosten der Wasserelektrolyse die notwendige Transparenz zu schaffen, hat das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE im Auftrag der NGO Clean Air Task Force (CATF) ein Bottom-up-Kostenmodell erstellt und eine Kostenstudie durchgeführt. Damit kann ein breites Verständnis für die Kostenstrukturen von Niedertemperatur-Wasserelektrolysesystemen aufgebaut werden.
Kenntnis der Kostenstruktur von Elektrolysesystemen ist unerlässlich
Angesichts der Tatsache, dass grüner Wasserstoff als nachhaltiger Energieträger eine wichtige Rolle beim Klimaschutz spielen wird, werden derzeit weltweit erhebliche Anstrengungen unternommen, um die Elektrolysetechnologie technisch ausgereift und wirtschaftlich wettbewerbsfähig für den großtechnischen Einsatz zu machen. In diesem Zusammenhang ist ein verlässliches Verständnis der Kostenstrukturen solcher Wasserelektrolysesysteme notwendig, um damit sinnvolle Maßnahmen für die Weiterentwicklung der Technologie zu ergreifen.
Daher wurde in einer Auftragsstudie für CATF ein grundlegendes Kostenmodell für die alkalische und PEM-Wasserelektrolyse entwickelt, das es erlaubt, die Abhängigkeiten der Kostenanteile der einzelnen Technologien detailliert zu bewerten und individuelle Kostensenkungspotenziale für diese Elektrolysetechnologien abzuleiten.
Bedarf für zentrale und dezentrale Anwendung ermittelt
In der nun veröffentlichten Studie werden sowohl für die alkalische als auch für die PEM-Wasserelektrolyse zwei Anlagengrößen von 5 MW und 100 MW betrachtet, um sowohl den Bedarf für dezentrale als auch für zentrale Anwendungen abzudecken. Darüber hinaus wird in den Modellen eine Technologieprognose für beide Technologien berücksichtigt, um die Kostenstrukturen für heute verfügbare Komponenten und Materialien (2020) mit den erwarteten Entwicklungen der »nächsten Generation« von alkalischen und PEM-Elektrolysesystemen (2030) zu vergleichen.
Die Kostenmodelle basieren auf einem Bottom-up-Ansatz des Instituts, bei dem zunächst typische Layouts der Elektrolyseanlagen entworfen und dann technische Parameter durch eine stationäre Simulation der Energie- und Massenbilanzen in den Systemen bestimmt werden. Ausgehend von diesen Vorgaben werden die Kostenanteile der einzelnen Teilsysteme und Komponenten über Preisangebote von Herstellern und Lieferanten und über spezifische Kostenfunktionen ermittelt. Zusätzliche Kosten wie Engineering etc. werden über eine Zuschlagskalkulation berücksichtigt. Für die verschiedenen Stacks wird ein eigenes Modell verwendet, das ebenfalls auf einer Quantifizierung der verwendeten Komponenten und spezifischen Kostenfunktionen basiert. »Der Mehrwert solcher Kostenmodelle hängt in erster Linie von der Qualität der Preis- und Kosteninformationen der Hersteller und Zulieferer ab.Am Fraunhofer ISE können wir aufgrund unserer langjährigen Zusammenarbeit mit verschiedenen Partnern aus der Industrie hier auf eine umfangreiche Datenbasis zurückgreifen. Das ist der entscheidende Vorteil unserer Kostenmodelle«, berichtet Marius Holst, einer der Autoren der Studie.
Kostenvorteil für alkalische Stacks …
Wie erwartet, zeigen die Ergebnisse in allen betrachteten Fällen, dass der Zellstapel (Stack) die teuerste Komponente in einem Elektrolysesystem ist. Alkalische Stacks haben einen Kostenvorteil gegenüber PEM-Stacks, und dies wird auch in Zukunft der Fall sein. Aufgrund des technologischen Fortschritts und einer Vergrößerung des aktiven Zellfläche können die spezifischen Stackkosten jedoch innerhalb von 10 Jahren für beide Arten von Elektrolyse-Stacks praktisch halbiert werden, und zwar von etwa 200 €/kWDC auf unter 90 €/kWDC für AEL-Stacks und von 380 €/kWDC auf etwa 220 €/KWDC für PEM-Stacks.
… aber fast gleiche Systemkosten in der Zukunft
Dennoch dominieren die Stackkosten nicht allein die Systemkosten. Vielmehr setzen sie sich aus vielen Einzelkomponenten wie Gas- und Wasseraufbereitung, Kühlsystemen und Leistungselektronik zusammen, siehe Grafik. Insbesondere die Kosten der Leistungselektronik (Gleichrichter und Transformator) sind nicht zu unterschätzen und tragen als zweitteuerste Komponente in der gleichen Größenordnung zu den Systemkosten bei wie die Stacks. »Dies ist ein wichtiges Ergebnis, insbesondere für weitere Kostensenkungsstrategien bei Elektrolysesystemen, und muss bei zukünftigen Entwicklungen stärker berücksichtigt werden«, so Marius Holst abschließend. Die Kostenanalyse zeigt weiter, dass alkalische Systeme auch in Zukunft zu niedrigeren Systemkosten führen werden. Allerdings gleichen sich die Kosten nahezu an, wenn man den Aufwand für die nachgeschaltete Verdichtung mit einbezieht. Insgesamt ist im Jahr 2030 mit Systemkosten von ca. 400 bis 500 €/kW zu rechnen, wobei dezentrale kleinere Anlagen deutlich teurer bleiben werden.
»Diese Ergebnisse geben uns wichtige Erkenntnisse für unsere eigenen Systemanalysen und zeigen uns, dass es durch Innovation und Erfahrung auch in Zukunft noch deutliche Kostensenkungen in der Elektrolyse geben wird. Wir hoffen, dass diese Studie ihren Beitrag zu einer objektiven Diskussion über zukünftige Kosten leisten kann«, so Mike Fowler, der die Studie seitens der CATF maßgeblich betreut hat.
Über die Clean Air Task Force
Die Clean Air Task Force (CATF) ist eine gemeinnützige Organisation, die sich aktiv für den Schutz vor den negativen Klimawandelfolgen einsetzt, indem sie die rasche Entwicklung und den Einsatz von CO2-armen Energien und anderen klimaschützenden Technologien weltweit vorantreibt.