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H2-ready-Kraftwerke: Studie zeigt Ansätze für die Umrüstung von Gaskraftwerken

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Autor: Claudia Gossmann

Zur klimafreundlichen Energieversorgung können H2-betriebene GuD Kraftwerke für Rückverstromung im größeren Umfang genutzt werden - sofern sie H2-ready sind
© Perkons/Pixabay
© Perkons/Pixabay H2-ready Gas Kraftwerk

11. Dezember 2023 । Neue und bestehende Kraftwerke sollen nach Willen der Bundesregierung H2-ready werden. Der Um- und Neubau von Kraftwerken, die mit 100 % Wasserstoff betrieben werden können, birgt jedoch Herausforderungen und ist regulatorisch nicht eindeutig definiert. Die Wissenschaftler:innen des Reiner Lemoine Instituts (RLI) beleuchten in einer aktuellen Studie, was H2-ready für Gaskraftwerke technisch bedeutet, welche Maßnahmen für eine Umrüstung notwendig sind, welche Kosten entstehen und welche Rechtsvorschriften angepasst werden müssen.

Wasserstoffkraftwerke sollen künftig Energie bereitstellen, wenn Strom aus erneuerbaren Energien über einen längeren Zeitraum nicht verfügbar ist. Gasturbinen für einen 100%-igen Wasserstoffeinsatz in größeren Kraftwerken sind heute aber noch nicht kommerziell verfügbar. Sogenannte H2-ready-Kraftwerke sollen zur Lösung beitragen.

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) hat in seinem „Rahmen für die Kraftwerksstrategie“ angekündigt, diese zu fördern – im Zeitraum 2024 bis 2026 mit einem Ausschreibungsvolumen von 10 GW, danach mit weiteren 5 GW für neue oder bestehende Gaskraftwerke. Sie sollen mit Erdgas und später mit grünem Wasserstoff betrieben werden. Bis spätestens 2035 müssen diese Kraftwerke komplett auf den Betrieb mit Wasserstoff umgerüstet sein.

Fehlende rechtliche Definition von H2-ready erschwert Umsetzung

Wie die Studienergebnisse zeigen, gibt es aktuell noch keine rechtlich feststehende Definition, was H2-ready für Kraftwerke bedeutet. Das erschwere die Planung der Anlagen. Ein klar definiertes Konzept für H2-readiness könnte einen Rahmen für die Umsetzung bieten. Dh2eutschland besitzt bislang nur eine implizite Definition im Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz (KWKG).

Sie besagt, dass der Übergang zur 100%-igen Wasserstoffnutzung für weniger als 10 % der ursprünglichen Investitionskosten des Kraftwerks erreichbar sein muss. Bei der Definition sollte darauf geachtet werden, dass die tatsächliche Emissionsreduktion im Vordergrund steht.

„Eine pauschale, kostenanteilsbezogene Definition von H2-ready wie im KWKG begünstigt Investitionen in kapitalintensivere Gas-und-Dampf-Kombikraftwerke (GuD). Die sind effizienter, laufen aber insbesondere als KWK-Anlagen oft viele Stunden im Jahr. Viele Betriebsstunden bedeuten einen hohen Wasserstoffbedarf. Das ist problematisch, da erneuerbarer Wasserstoff knapp sein wird. Typische Spitzenlastkraftwerke mit nur wenigen Volllaststunden sind meist Gasturbinenkraftwerke (GT). Mit dem kostenbezogenen Kriterium von zehn Prozent in der H2-ready Definition wären diese voraussichtlich kaum förderfähig“, so Andreas Christidis, Projektleiter der Studie am RLI.

Umrüstung von H2-ready zu H2 bedeutet Zeit- und Kostenaufwand

Die Wissenschaftler:innen kommen zu dem Ergebnis, dass die umfangreichsten Umrüstungsmaßnahmen das Brenngas- sowie das Gasturbinensystem betreffen. Die Kosten dafür liegen bei größeren GuD-Kombikraftwerken voraussichtlich unter 10 % der Ausgangsinvestition. Für GT-Kraftwerke liegen sie wahrscheinlich deutlich höher. Der Umrüstbedarf von H2-ready-Kraftwerken auf Wasserstoffbetrieb werde außerdem in einem kurzen Zeitfenster vergleichsweise hoch sein und die Kapazitäten bei Herstellenden begrenzt.

Kraftwerksbetreibende sollten deshalb bereits heute die Umrüstung einplanen. Dabei gelte es, Faktoren wie den Platzbedarf neuer Komponenten zu berücksichtigen. Die Bundesregierung müsse die Umrüstung außerdem verbindlich terminieren, um weitere Emissionen zu vermeiden.

Ohne grünen Wasserstoff kein emissionsfreies H2-Kraftwerk

Für die Dekarbonisierung der Stromerzeugung ist der Einsatz von grünem Wasserstoff entscheidend.

„Wird fossiler Wasserstoff eingesetzt, wie zum Beispiel blauer Wasserstoff aus Erdgas, sind Emissionen von H2-Kraftwerken ähnlich hoch wie bei heutigen Erdgaskraftwerken“, sagt Anne Wasike-Schalling, wissenschaftliche Mitarbeiterin am RLI und verantwortlich für das Themenfeld Wasserstoff im Forschungsbereich Mobilität mit Erneuerbaren Energien.

Ein 400 MW Kraftwerk benötigt pro Stunde über 700 MWh Wasserstoff – das entspricht zwölf großen H2-Lkw-Trailern.

„Für den Erfolg der Dekarbonisierung brauchen wir deshalb die erforderlichen Mengen an grünem Wasserstoff. Das ist notwendige Bedingung und Herausforderung zugleich“, so Wasike-Schalling. „Ein Anschluss der H2-Kraftwerke ans Wasserstoffkernnetz sowie dessen Belieferung mit grünem Wasserstoff sind essenziell.“

Die Wissenschaftler:innen kommen auch zu dem Schluss, dass die benötigten Kapazitäten an H2-Kraftwerken kein starrer Wert sind und die Bundesregierung weitere Maßnahmen zur Stabilisierung des Energiesystems berücksichtigen muss. In einem Policy-Briefing formulieren sie 14 Kernaussagen mit Vorschlägen für den klimafreundlichen Einsatz von H2 in der Stromerzeugung.

Weiterführende Informationen:

Zur offiziellen Projektwebsite Kurzbericht: Thermische Kraftwerke im Energiesystem der Zukunft
(Quelle: Reiner-Lemoine-Institut/2023)

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