6. März 2024 | Am Hermann-Josef-Krankenhaus (HJK) im nordrhein-westfälischen Erkelenz hat heute ein stationäres Brennstoffzellensystem der Robert Bosch GmbH den Betrieb aufgenommen. Ab sofort erzeugt es aus einem Wasserstoff-Erdgas-Gemisch Strom und Wärme für das Gebäude. Der Wasserstoffanteil soll sukzessive erhöht werden. Es handelt sich um den ersten Betrieb einer kritischen Infrastruktur in Deutschland mit einer SOFC (Solid Oxide Fuel Cell) und Wasserstoff, der bald in Form von LOHC (Liquid Organic Hydrogen Carrier) am HJK ankommen soll. Die Beteiligten sprechen daher von einem „Leuchtturmprojekt mit weitreichender Strahlkraft“.
Die zehn nun am Hermann-Josef-Krankenhaus aktiven Brennstoffzellen-Einheiten stellen die erste Phase des Demonstrationsprojekts Multi-SOFC Erkelenz dar. Sie sollen bis zu 20 % des Strom- und Wärmebedarfs des Krankenhauses abdecken. Die neue Technologie löst die Versorgung des Krankenhauses dabei nicht ab; am HJK sind weiterhin ein Blockheizkraftwerk (BHKW) und ein Gasmotor im Einsatz, die das Haus im Notfall auch allein versorgen können.
Die Inbetriebnahme erfolgt rund ein Jahr nach der Projektbekanntgabe durch das für die Durchführung verantwortliche Helmholtz-Cluster Wasserstoff (HC-H2). Geplant ist, das SOFC-Brennstoffzellensystem im nächsten Jahr mit der LOHC-Technologie der Hydrogenious LOHC Technologies GmbH zu kombinieren. Nach Angaben der Projektpartner handle es sich dabei um die weltweit erste Umsetzung dieser Technologie-Kombination.
Bis zum Ende des Vorhabens im Jahre 2026 soll Multi-SOFC Erkelenz zeigen, dass eine kritische Infrastruktur im urbanen Raum sowohl zuverlässig als auch klimafreundlich mit Wasserstoff betrieben werden kann. Daher handele es sich um ein „Leuchtturmprojekt“ mit potenziell „weitreichender Strahlkraft“. Koordiniert wird es vom Helmholtz-Cluster Wasserstoff (HC-H2), dessen Kern das Institut für nachhaltige Wasserstoffwirtschaft des Forschungszentrums Jülich bildet. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert das Projekt mit 23,6 Mio. Euro aus Mitteln des Strukturstärkungsgesetzes Kohleregionen.
SOFC versorgt Krankenhaus
Der angestrebte Anteil an der Energieversorgung von 20 % ist laut HC-H2 eine „relevante Größenordnung, mit der es möglich ist, die Technologie für größere Bedarfe und andere Anwendungszwecke zu skalieren“. Diese gebe es speziell im Industrie- und Gewerbesektor. Während der Projektlaufzeit werde man das neue System fortlaufend überprüfen und optimieren, um am Ende einen Datensatz vorlegen zu können, auf dessen Basis die Projektpartner das System für weitere Anwendungen skalieren können, so Dr.-Ing. Michael Alders, der leitende Projektingenieur beim HC-H2.
Die Technologie von Bosch befindet sich nach Angaben des Unternehmens in der Vorindustrialisierungsphase. Der Markteintritt sei in Vorbereitung. Boschs Senior Vice President Wilfried Köhlscheid unterstrich, dass der Hersteller das SOFC-System in Erkelenz erstmals in einer Krankenhausinfrastruktur einsetze. Schon im Betrieb mit Erdgas spare die Brennstoffzelle rund 40 % CO2-Emissionen im Vergleich zur bisherigen Stromversorgung durch das BHKW ein. Der Grund: Ihr elektrischer Wirkungsgrad liege bei 60 %, während das BHKW einen Wirkungsgrad von nur rund 36 % erreiche.
Noch in diesem Jahr wollen die Projektpartner die Beimischung von Wasserstoff ins Erdgas erhöhen. Bis zum Projektende soll er bei rund 40 % liegen. Der Energieträger werde zunächst in per Lkw transportierten Druckgasbehältern bereitgestellt. Dies erlaube Erkenntnisse für die später mögliche Weiterentwicklung zu einer vollständig auf Wasserstoff basierenden Versorgung.
LOHC funktioniert wie Pfandflaschen-System
2025 soll LOHC-Technologie die Druckgasbehälter ablösen. Bis dahin will die Hydrogenious LOHC NRW GmbH am HJK die dafür notwendige Infrastruktur installiert haben. Mit ihrer Hilfe soll der in einem herkömmlichem Tank-Lkw angelieferte und im LOHC angebundene Wasserstoff dann durch Zugabe von Wärme freigesetzt werden. Dazu wollen die Partner die Abwärme nutzen, die das SOFC-System beim Verstromen des Gasgemischs erzeugt.
Ist der Wasserstoff freigesetzt, fließt das entladene Trägermaterial, das das Aussehen und die Konsistenz herkömmlichen Diesels besitzt, in einen zweiten, unterirdischen Tank. Von dort lässt es sich nach dem Pfandflaschen-Prinzip zu einem Wasserstoffproduzenten zurücktransportieren und erneut mit Wasserstoff beladen.
Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger erklärte in einer Pressemitteilung, dass das Projekt „das enorme Potenzial neuartiger Wasserstofftechnologien“ deutlich mache. Es zeige, dass Wasserstofftechnologien „auch große Gebäudekomplexe“ wie ein Krankenhaus versorgen könnten. Daher werde Multi SOFC Erkelenz „weltweit als Vorlage dienen, wenn es um die Versorgung großer Verbraucher und die Reduktion der CO2-Emissionen geht.“