19. April 2024 | Der Bundestag hat das Zweite Gesetz zur Änderung des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) beschlossen. Es soll den rechtlichen Rahmen für die zweite Stufe des Wasserstoff-Netzhochlaufs schaffen, indem eine umfassende integrierte Netzentwicklungsplanung für das Erdgas- sowie das zukünftige Wasserstoff-Transportnetz eingeführt wird. Außerdem enthält das Gesetz die notwendigen Regelungen zur Finanzierung des Wasserstoff-Kernnetzes.
Nach der Einigung der Ampelregierung zum Wasserstoff-Kernnetz hat der Deutsche Bundestag am 12. April das Zweite Gesetz zur Änderung des EnWG beschlossen. Mit diesem wird nunmehr eine fortlaufende Netzentwicklungsplanung für Gas und Wasserstoff im EnWG verankert.
Im Jahr 2026 soll erstmals ein Netzentwicklungsplan für Gas und Wasserstoff von der Bundesnetzagentur genehmigt werden. Fernleitungsnetzbetreiber und Betreiber von Wasserstofftransportnetzen sollen im Rahmen eines integrativen Prozesses künftig alle zwei Jahre einen Szenariorahmen erstellen. Darauf aufbauend soll dann ein integrierter Netzentwicklungsplan für Gas und Wasserstoff entstehen. Das Gesetz soll die Rahmenbedingungen für das Verfahren regeln. Diese umfassen unter anderem die umfassenden öffentlichen Konsultationsprozesse, die Einrichtung einer Koordinierungsstelle der betroffenen Netzbetreiber sowie die Einrichtung einer Datenbank.
Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK), Robert Habeck, sagte zum Beschluss: „Mit dem Gesetz schaffen wir einen verlässlichen Rahmen für die Finanzierung des Wasserstoff-Kernnetzes und die weitere Netzentwicklungsplanung. […] Das schafft Planungssicherheit für Investitionen in die Infrastruktur, aber auch für Abnehmer und Erzeuger von Wasserstoff -und legt so die Grundlage für einen erfolgreichen Wasserstoff-Hochlauf in Deutschland.“
Zeitliche Flexibilisierung
Im Detail soll der Hochlauf in zwei Stufen erfolgen:
- Stufe: Das Wasserstoff-Kernnetz verbindet als ersten Schritt in den kommenden Jahren wesentliche Wasserstoffstandorte sowohl auf Angebots- als auch auf Nachfragseite. Die gesetzlichen Grundlagen dafür sind bereits Ende 2023 in Kraft getreten.
- Stufe: Im zweiten Schritt wird das Kernnetz in eine fortlaufende integrierte Netzentwicklungsplanung für Gas und Wasserstoff überführt
Mit dem Wasserstoff-Kernnetz sollen große Verbrauchs- und Erzeugungsregionen für Wasserstoff in Deutschland erreicht und so wesentliche Wasserstoff-Standorte, beispielsweise große Industriezentren, Speicher, Kraftwerke und Importkorridore, angebunden werden. Die Leitungen des Kernnetzes sollen dabei sukzessive im Zeitraum von 2025 bis 2032 in Betrieb genommen werden.
Zum Wasserstoff-Kernnetz sieht das Gesetz ergänzend eine zeitliche Flexibilisierung vor. Für einzelne Kernnetz-Projekte soll eine Inbetriebnahme auch nach 2032 bis 2037 möglich sein. Die neue zeitliche Flexibilisierung sorgt dafür, dass solche Projekte weiterhin Anspruch auf die Kernnetz-Finanzierung haben. Diese Möglichkeit gilt ausschließlich für Projekte, die im ursprünglichen Kernnetz-Antrag enthalten sind. So sei eine zielgenaue Anpassungsmöglichkeit hinsichtlich der tatsächlichen Bedarfsentwicklung möglich, heißt es vom BMWK. So wolle man teurer Leerstand von möglicherweise erst später erforderlichen Wasserstoff-Leitungen verhindern. Dies spart Kosten und komme dem Ziel eines effizienten Hochlaufs der Wasserstoffwirtschaft zugute. Eine Verschiebung der Inbetriebnahme des Kernnetzes insgesamt ist hiermit nicht verbunden.
Finanzierung des Wasserstoff-Kernnetzes
Zudem enthält das Zweite Änderungsgesetz zum EnWG die erforderlichen Regelungen zur Finanzierung des Wasserstoff-Kernnetzes. Diese stehen aktuell aber noch unter dem Vorbehalt einer beihilferechtlichen Genehmigung der Europäischen Kommission.
Das Kernnetz soll grundsätzlich vollständig privatwirtschaftlich über Netzentgelte finanziert werden. Die Netzentgelte werden gedeckelt, um zu verhindern, dass in den ersten Jahren des Netzaufbaus sehr hohe Entgelte den Wasserstoffhochlauf behindern. Den künftigen Kernnetzbetreibern wird eine risikoangemessene Verzinsung und subsidiäre Risikoabsicherung des Bundes unter Anrechnung eines Selbstbehalts gewährt. Durch eine zeitliche „Entgeltverschiebung” tragen spätere Nutzer die Aufbaukosten des Netzes mit, denn sie profitieren ebenfalls von einem auskömmlich dimensionierten Netz und einem gelungenen Hochlauf.
Dieses gesetzlich verankerte Finanzierungsmodell stellt die Basis dar, auf der die Fernleitungsnetzbetreiber nun den formellen Antrag zur Genehmigung des Kernnetzes bis zum 21. Mai 2024 stellen können. Die anschließende Prüfung und finale Genehmigung des Kernnetzes obliegt der Bundesnetzagentur. Ab Sommer könne dann die operationale Umsetzung erster Kernnetz-Projekte beginnen.